Am 18.12. feiert „Ein deutsches Leben“ im Theater an der Josefstadt Premiere. Das Stück handelt von Brunhilde Pomsel , der Sekretärin von Nazi-Hetzer Joseph Goebbels , basierend auf Interviews als 103-Jährige für den gleichnamigen Film. Pomsel beteuerte, vom Morden nichts gewusst zu haben. Geschrieben hat das Stück Christopher Hampton , Hausautor und Ehrenmitglied der Josefstadt. Für die Skripte zu „Gefährliche Liebschaften“ und „The Father“ gewann der zum Sir geadelte Brite den Oscar. Mr. Hampton, war Brunhilde Pomsel die Sekretärin des Teufels? Ja. Die Hauptfrage, die mein Stück verhandelt, aber ist: Wusste sie, dass sie es ist? Können wir ihr glauben, dass sie tatsächlich nichts wusste von all den Verbrechen, die Goebbels und die Nazis begangen haben? Es ist eine kompliziert zu beantwortende Frage. Und schwer zu beurteilen, was sie wusste und was nicht. Kann Pomsel tatsächlich so naiv gewesen sein? Ich habe so meinen Verdacht. Besonders interessant habe ich die Passagen im Film gefunden, bei denen sie über ihre jüdischen Freunde im Berlin von damals erzählte. Und welches Schicksal sie erlitten haben. Pomsel war sonst ziemlich eloquent. An diesen Stellen aber kamen ihre Worte nur bruchstückhaft hervor, die Sätze stockten. Ihre beste Freundin hieß Eva Löwenthal und war Jüdin. Sie wurde in Auschwitz ermordet. Immer wenn sie über Eva spricht, fällt ihr das Reden am schwersten. Es war offenbar ein Thema, das für sie emotional von Bedeutung war. Wollte sie etwas verbergen, war es Reue, fühlte sie sich schuldig, war es Trauer? Wir wissen es nicht. Aber es war hart für sie, die richtigen Worte zu finden. Sehen Sie Parallelen zur Gegenwart? Ich habe das Stück während Trumps erster Amtszeit geschrieben. Die Geschichte von Brunhilde Pomsel ist für mich eine spannende Metapher dafür, wie verantwortungslos Menschen bei Wahlen abstimmen. An einer Stelle sagt Pomsel, sie habe deutschnational gewählt, weil ihr die Farben der Flagge so gut gefallen haben. Mir kommt vor, in Amerika wählen sie zuweilen aus denselben Gründen. mauritius images / Alamy Stock Photos / Entertainment Pictures , Entertainment Pictures/Alamy Stock Photos / Entertainment Pictures , Entertainment Pictures/mauritius images Oscar Nummer eins für Christopher Hampton: für sein Drehbuch zu "Gefährliche Liebschaften“ mit Michelle Pfeiffer und John Malkovich Sie beziehen sich auf Trump. Wie fällt Ihr Blick auf die USA unter seiner Führung aus? Niemand weiß, was in den USA demnächst passieren wird und wie wir da in den nächsten Jahren herauskommen. Die westliche Demokratie ist in einer schwierigen Lage. Dieser bösartige Mann trampelt wie ein unberechenbarer Elefant über jedes erreichte Gedankengut der vergangenen zwei Jahrzehnte, über alles und jeden. In New York spricht heute kaum noch jemand über Politik. Man ist sprachlos. Andere wieder haben Angst. Man hört von Leuten, die das Regime kritisiert haben und nicht mehr nach Amerika zurückkehren durften. Das ist beängstigend. Welche Lehren können wir aus der Lebensgeschichte von Pomsel ziehen? Wie heißt es schon in Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“: „Man muss aufmerksam sein.“ Wenn man nicht registriert, was in der Gesellschaft vor sich geht, kann man auch keine Rolle darin spielen. Pomsel war jung und hat das Leben genossen. Ich glaube nicht, dass sie ein schlechter Mensch war. Sie war einfach nur ein Mensch, der nicht nachdachte. Antisemitische Vorfälle nehmen wieder zu, in Österreich und ganz Europa. Fällt Ihnen ein Mittel dagegen ein? Bessere Bildung hilft. Das Internet macht die Dinge nicht einfacher, es fragmentiert die Menschen in kleine Gruppen, die am Ende einer Menge Lügen aufsitzen. Den meisten Politikern ist bewusst, dass sie durch Lügen Vorteile gewinnen. Warum also sollten sie aufhören zu lügen? Das Opfer dabei ist immer die Wahrheit. Es ist absurd und witzig zugleich, dass Trumps Nachrichtenkurzdienst „Truth Social“ die Wahrheit beschwört. Dabei ist es ein unaufhörlicher Strom von Lügen. Lügen, an die Millionen Menschen glauben. Sie haben zwei Oscars gewonnen, sind nah dran am US-Filmgeschäft. Wie tickt Hollywood? In Hollywood regiert immer die Angst. Das ist der Hauptantrieb. Keiner möchte etwas falsch machen. Das macht die Leute dort so konservativ. Ich arbeite heute mehr in Europa. Derzeit schreibe ich einen Film über den Komponisten Georg Friedrich Händel und seine Zeit in London. Faszinierend, aber ein schweres Thema. Ich habe keine besonders guten Erfahrungen mit Hollywood gemacht. Hat man Erfolg, und sei es nur ein einziges Mal, sollte man das Beste daraus machen. Christopher Hampton Wie kommt das? Oft läuft es so ab. Ich schreibe ein Drehbuch. Sie fragen: Können wir es ändern? Nach einer Reihe von Gesprächen habe ich genug, dann suchen sie sich einen anderen Autor. Und letzten Endes wird der Film gar nicht gedreht. Sie meinten einmal, man könne den Menschen dort nicht trauen. Ich habe mich in Los Angeles nie wirklich wohlgefühlt. Es ist besser, sich dort nicht allzu lange aufzuhalten. Für einen Autor ist es ein hartes Pflaster. Hat man Erfolg, und sei es nur ein einziges Mal, sollte man das Beste daraus machen. Müsste ich noch einmal von vorne anfangen, würde ich versuchen, meine Drehbücher selbst zu verfilmen. Das verschafft einem eine stärkere Position. Sie haben mit großen Filmstars gearbeitet. Wer hat Sie besonders beeindruckt? Ich habe mit Leonardo DiCaprio gedreht, da war er 21. Ein absolut bemerkenswerter Schauspieler. Auch Julia Roberts hat mich beeindruckt. Viele Autoren mögen Schauspieler nicht und fühlen sich von ihnen bedroht. Ich mag Schauspieler. Und schreibe gute Rollen für sie. mauritius images / Alamy Stock Photos / Landmark Media, LANDMARK MEDIA/Alamy Stock Photos / Landmark Media, LANDMARK MEDIA/mauritius images Oscar Nummer zwei für Hampton: "The Father“, mit Anthony Hopkins Nach unserem Interview treffen Sie „Gefährliche Liebschaften“-Regisseur Stephen Frears zum Mittagessen. Um was geht es, ein neues Projekt? Ja, ich habe ein Drehbuch über Billy Wilder geschrieben. Es handelt vom Dreh von „Fedora“, eine schwierige Zeit für ihn. Es sollte sein vorletzter Film werden. Sein kongenialer Drehbuchpartner I. A. L. Diamond begann zu diesem Zeitpunkt krank zu werden. All das war so etwas wie ein Wendepunkt für ihn. Er begann zu realisieren, dass sich das Kino in den Siebzigern verändert hatte, die Parade weitergezogen war und ihn zurückgelassen hatte. Es ist das einfühlsame Porträt eines Künstlers. Ich habe Billy Wilder persönlich kennengelernt. Ich liebe ihn und seine Filme.