Mehr Ambulanzen, weniger Betten: Das ist der Gesundheitsplan für NÖ

Niederösterreichs Gesundheitsversorgung steht vor einem tiefgreifenden Umbau. Mit dem Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG NÖ) 2030 setzt das Land künftig deutlich stärker auf ambulante Versorgung und den niedergelassenen Bereich. Der Plan wurde diese Woche einstimmig in der Landeszielsteuerungskommission beschlossen und soll mit 1. Jänner 2026 in Kraft treten. Im Zentrum steht ein massiver Ausbau ambulanter Betreuungsplätze in den Landeskliniken. Bis 2030 sollen deren Anzahl im Vergleich zu 2023 um 547 auf insgesamt 710 steigen. Gleichzeitig werden stationäre Kapazitäten reduziert: Insgesamt fallen 577 Betten weg, unter anderem in der Inneren Medizin sowie – durch die Schließung von vier Abteilungen – in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Johannes Weichhart Politiker und Gesundheitsexperten präsentierten den Plan. „Unser Gesundheitssystem steht ordentlich unter Druck“, sagte der für den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) zuständige Landesrat Martin Antauer (FPÖ) am Mittwoch bei der Präsentation des Plans in St. Pölten. Der steigende Versorgungsbedarf durch die demografische Entwicklung und der zunehmende Personalmangel hätten in manchen Bereichen zu „unzumutbaren Wartezeiten“ geführt. Erstversorgung und Geriatrie im Fokus Ab 2026 sollen neue Erstversorgungsambulanzen am Landesklinikum Baden eingerichtet werden, später auch in Amstetten. Zudem wird der Bereich Akutgeriatrie und Remobilisation ausgebaut: Künftig sollen dafür landesweit 273 Betten zur Verfügung stehen. Bereits Anfang 2026 sollen drei entsprechende Standorte eröffnet werden. Eine Zwischenevaluierung des gesamten Plans ist für 2028 vorgesehen. Der RSG basiert auf dem übergeordneten „Gesundheitsplan 2040+“ und versteht sich als langfristige Steuerung für Standorte und Leistungen. Für den für die Kliniken zuständigen Landesrat Anton Kasser (ÖVP) ist der Plan eine „gesundheitspolitische und vor allem rechtlich abgesicherte Speisekarte“, an der sich die Landesgesundheitsagentur künftig orientieren werde. Mehr Kassenstellen gegen lange Wartezeiten Ein zentraler Hebel gegen lange Wartezeiten soll der Ausbau im niedergelassenen Bereich sein. Insgesamt sind mehr als 113 zusätzliche Ärzte-Planstellen vorgesehen. In der Allgemeinmedizin soll die Zahl der Kassenstellen in einem ersten Schritt von 779 auf 805 steigen. In der fachärztlichen Versorgung ist laut ÖGK vor allem im Weinviertel der größte Ausbau geplant. Allerdings sei es in manchen Fächern schwierig, offene Stellen zu besetzen – etwa in der Dermatologie, wo aktuell in elf Bezirken Ärzte gesucht werden. Auch die Primärversorgungseinheiten (PVE) sollen deutlich ausgebaut werden: Bis 2028 soll ihre Zahl von derzeit 14 auf 30 steigen, fünf weitere befinden sich bereits in Umsetzung. In Gmünd und Hollabrunn sollen PVE mit Ambulatorien kombiniert werden. Für Gmünd kündigte NÖGUS-Geschäftsführer Volker Knestel nach der geplanten Schließung des Krankenhauses eine „24/7-Erstversorgung“ an. Darüber hinaus sieht der Plan bis 2030 fünf Kinder-Primärversorgungseinheiten und zwei Kinder-Ambulatorien vor. Derzeit gibt es landesweit erst eine Kinder-PVE in St. Pölten. Ergänzend sind spezialisierte Schmerz- und Wundzentren sowie Diabetes- und Endometriosezentren geplant. Drei Diabeteszentren sollen 2027 den Betrieb aufnehmen. Politische Zustimmung, ärztliche Kritik SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger , der die erkrankte Landesrätin Eva Prischl vertrat, begrüßte vor allem das Ziel, die ärztlichen Ausbildungsstellen von 750 auf 1.000 zu erhöhen. Der RSG bringe „Planungs- und Standortsicherheit“ und bekenne sich zur bundesländerübergreifenden Versorgungsplanung. Kritik kommt hingegen von der Ärztekammer (ÄKNÖ). Präsident Harald Schlögel unterstützt zwar grundsätzlich die Weiterentwicklung des Systems, sieht den Plan jedoch „in entscheidenden Punkten zu vage“. Es fehlten klare Konzepte, etwa für eine Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin an einem Spitalsstandort. Zudem seien bei den angekündigten spezialisierten Zentren zentrale Fragen – etwa zur Finanzierung und ärztlichen Verantwortung – offen geblieben. Die Kammer bemängelte außerdem eine unzureichende Einbindung in die Erstellung des RSG. Dennoch signalisierte Schlögel Gesprächsbereitschaft: Die ÄKNÖ stehe als Partner für die Umsetzung zur Verfügung. Bräutigam bleibt in NÖ Am Rande der Pressekonferenz dementierte Elisabeth Bräutigam , Vorständin der Landesgesundheitsagentu NÖ , gegenüber dem KURIER Gerüchte über einen möglichen Abgang nach Oberösterreich. "Ich bleibe in Niederösterreich“, stellte sie klar.