Von Norbert Jessen aus Tel Aviv Zumindest der Regen , der zuletzt Baracken und Zelte im Gazastreifen unter Wasser gesetzt hat, hat aufgehört. Doch die Not ist nach wie vor riesig, humanitäre und medizinische Versorgung nicht ausreichend. Und die Zukunft weiter ungewiss. Die USA hatten Anfang der Woche zum Vorbereitungstreffen zur Internationalen Stabilisierungstruppe (ISF) in Doha 45 Staaten eingeladen. Die Truppe soll Stufe II des Befriedungsplans beaufsichtigen sowie die dort immer noch herrschende, islamistische Hamas-Miliz entwaffnen. Nur die Türkei erklärte sich bislang offiziell bereit, sofort Soldaten zu stellen. Doch die war in Doha nicht eingeladen. Washington nahm Rücksicht auf die Vorbehalte Israels . Wie alle anderen Staaten, die für die ISF antreten wollen, hat auch die Türkei keine Lust auf Einzel- oder Straßenkampf mit der Hamas, um eine Entwaffnung notfalls zu erzwingen. Daher machten Recep Tayyip Erdoğans Diplomaten bereits Kompromissvorschläge , etwa eine Teilentwaffnung oder eine „treuhänderische Kontrolle“ ausgehändigter Waffen. Für den türkischen Außenminister Hakan Fidan ist eine Entwaffnung der Hamas sogar zweitrangig: „Alles sollte mit einem Mechanismus beginnen, der zuerst die Besatzung beendet.“ Der Muslimischen Bruderschaft , ideologischer Ursprung der Hamas, fühlt sich die Türkei – wie auch Qatar – tief verbunden. Ankara sieht die Gewalt der Hamas bekanntlich als Befreiungskampf, Hamas-Führer finden in der Türkei sicheres Asyl. Immer wieder verhindern türkische Vetos gemeinsame Manöver der NATO mit Israel. Israel befürchtet daher ein doppeltes Spiel. Und sollte Israel selbst die Entwaffnung der Hamas erzwingen wollen, wären israelische Soldaten durch die türkische Präsenz behindert. Eine ähnliche Lage besteht bereits im Südlibanon gegenüber der dort ständig eindringenden Schiitenmiliz Hisbollah. Immer wieder drohen deshalb Zusammenstöße zwischen Israels Armee und der UNIFIL-Beobachtertruppe. Deal mit Ägypten Derzeit genießt von den arabischen Ländern vor allem Ägypten Vertrauen: Ägypten bekämpft in der Sinai-Wüste sogar selbst die Hamas. Die Muslimische Bruderschaft ist im Nilstaat verboten. Mit Kairo hat Israel einen milliardenschweren Gas-Deal ausgemacht, persönlich eingefädelt von Trump. Griechische, zyprische und israelische Diplomaten zusammen mit Generälen trafen sich in Athen zu Gesprächen. Das Ergebnis: Alle drei Mittelmeeranrainer bilden eine „Schnelle Einsatztruppe“ mit 2500 Soldaten und U-Booten, Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen. Experten sprechen von „neuer strategischer Tiefe“ gegenüber der „türkischen Herausforderung“. Trump will noch im Jänner rund 10.000 Soldaten in der ISF nach Gaza entsenden. Zum Jahreswechsel wird Israels Premier Benjamin Netanjahu bei Trump in Mar-a-Lago zu Gast sein und die strittigen Themen bereden. Neben dem Übergang zur Stufe II im Gazastreifen gibt es auch für die Probleme im Libanon noch keine Lösung. Dort sollte die Entwaffnung der Hisbollah eigentlich bis Jahresende beendet sein, doch niemand weiß wie. hinzu kommt auch, dass der neue Herrscher in Syrien, Ahmed al-Scharaa , als neuer Freund Trumps gilt. Israel dagegen beobachtet die Wandlung des Islamisten-Führers zum Diplomaten mit Krawatte weiter misstrauisch. Ganz entspannt wird das fünfte Treffen der beiden in diesem Jahr nicht ausfallen: Auch Israel war in Doha nicht eingeladen. Und parallel zu Netanjahu wird auch eine türkische Delegation in den USA erwartet.