Ein schlimmes Märchen und ein Todesgesang mit Verklärung im Musikverein

von Helmut Christian Mayer Es gilt ob seiner technischen Schwierigkeiten als eines der anspruchsvollsten Konzerte des gesamten Klavierrepertoires: Das 2. Klavierkonzert von Johannes Brahms . Kein Problem für Leif Ove Andsnes . Denn der norwegische Pianist bewies jetzt im Wiener Musikverein seine große Klasse: Mit kraftvollem, sicherem Anschlag, perlenden Läufen und tiefgehender Interpretation spielte er das groß angelegte Werk, für dessen Vollendung der Komponist ganze drei Jahre brauchte. Das auf weite Strecken symphonisch angelegte, etwa 50-minütige Werk wurde von den Wiener Symphonikern unter der souveränen Karina Canellakis , erstmalig am Pult dieses Orchesters, gekonnt begleitet. Als Zugabe erlebte man vom Pianisten ein Stück von Robert Schumann . Ahmar Mehmedinovic/Musikverein Wien Die Mutter droht dem schreienden Kind mit der Mittagshexe. Diese kommt tatsächlich, aus der Drohung wird bitterer Ernst. Der heimkehrende Vater findet die Mutter mit dem toten Kind bewusstlos am Boden: Davon handelt die selten gespielte Symphonische Dichtung „Die Mittagshexe“ von Antonín Dvořák (UA 1896 in Prag). Ideal wurden hier zuerst die Idylle, das furchtbare Erscheinen der Hexe samt Hexentanz bis zum bitteren Ende des Spuks herausgearbeitet. Die Symphonische Dichtung „Tod und Verklärung“ des 25-jährigen Richard Strauss beschreibt die Todesstunde eines Künstlers, der seine Lebenserinnerungen Revue passieren lässt.  Eindringlich und mit recht langsamer Lesart wurden dabei die synkopisch klopfenden Rhythmen, die stockenden Pulsschläge des Kranken, sein mattes Dahindämmern mit verschwommenen Streicherklängen gezeichnet. Plötzliche wuchtige Fortissimo-Schläge des vollen Orchesters zeigten das Aufbäumen des Körpers im Todeskampf, um schließlich in das Dahinscheiden im wunderbaren „Verklärungsthema“ zu münden: Ungemein plastisch und fesselnd zeichneten die auch solistisch glänzenden Musikerinnen und Musiker unter der US-amerikanischen Dirigentin das Stück und wurden bejubelt. Demnächst wird Canellakis bei der Salzburger Mozartwoche auch am Pult der Wiener Philharmoniker debütieren.