Fast zwei Millionen Barrel venezolanisches Schweröl hatte „Skipper“ geladen. An seinem offiziellen Ziel – dem kubanischen Hafen Matanzas – kam es nicht an. Stattdessen kaperte die US-Küstenwache den Tanker (samt Ladung) am 10. Dezember vor der Küste Venezuelas . Am Wochenende folgte die nächste Beschlagnahmung. Ein drittes, ebenfalls mit venezolanischem Öl beladenes Schiff – die "Bella 1" – befindet sich derzeit in „aktiver Verfolgung“, nachdem die Besatzung den US-Streitkräften am Samstagabend den Zugriff verweigert hat. Wenige Tage zuvor hatte US-Präsident Donald Trump zudem eine „Blockade“ sämtlicher sanktionierter Öltanker angekündigt, die Venezuela anlaufen oder verlassen. Sie transportieren rund 70 Prozent des Rohöls des südamerikanischen Landes, das über die weltweit größten nachgewiesenen Öl-Reserven verfügt. Damit erhöhen die USA weiter den Druck auf Machthaber Nicolás Maduro – sowie auf einen alten Verbündeten des Regimes in Caracas: Kuba . Enger Verbündeter Die sozialistische Insel wird nämlich seit Jahrzehnten mit billigem Öl aus Venezuela versorgt und dadurch wirtschaftlich über Wasser gehalten. Zu Spitzenzeiten, unter Venezuelas Ex-Präsident Hugo Chávez, erhielt der krisengebeutelte Staat bis zu 100.000 Barrel pro Tag. Zwar ist Venezuelas Ölproduktion unter Maduro stark zurückgegangen – von knapp drei Millionen Barrel täglich vor 20 Jahren auf heute rund eine Million. Entsprechend reduzierten sich auch die Lieferungen nach Kuba: 2025 lagen sie bei etwa 27.000 Barrel pro Tag. Dennoch deckt venezolanisches Öl Experten zufolge weiterhin rund die Hälfte von Kubas Ölimportdefizit oder etwa ein Viertel des gesamten Bedarfs. Es wird für die Stromerzeugung, als Treibstoff, sowie in Industrie und Landwirtschaft eingesetzt. Ein Teil des Rohöls wird zudem weiterverkauft, vor allem an China . Die Erlöse bringen der sozialistischen Regierung in Havanna dringend benötigte Devisen. Auch die „Skipper“ sollte nach Recherchen der New York Times ursprünglich nach Asien weiterfahren. Ein Wegfall des venezolanischen Öls hätte entsprechend dramatische Folgen für die größte Insel der Karibik. Der Ökonom Jorge Piñón warnt im Wall Street Journal vor dem wirtschaftlichen „Kollaps“. Schwere Wirtschaftskrise Schon jetzt hat Kuba große Schwierigkeiten, ausreichend Öl (etwa aus Mexiko oder dem verbündeten Russland) zu beschaffen, um seine angeschlagene Wirtschaft und das marode Stromnetz zu betreiben. Das Land steckt inzwischen in der tiefsten Krise seit der Revolution von 1959. Blackouts, die 18 Stunden oder länger am Tag dauern können, sind längst Alltag. US-Sanktionen, strukturelle Ineffizienz, der Einbruch des Tourismus und weitverbreitete Korruption verschärfen die wirtschaftliche Not weiter. Die Folgen für die Bevölkerung sind verheerend: Die Lebensbedingungen werden immer prekärer, die Inflation galoppiert davon, der kubanische Peso ist abgestürzt. Die Lebenserhaltungskosten sind heute praktisch nur noch für jene Menschen tragbar, die Überweisungen aus dem Ausland erhalten. Fast 90 Prozent der Kubaner leben inzwischen in extremer Armut. Versorgungsengpässe betreffen nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens: von Nahrungsmitteln bis zu Medikamenten. Bildungsstätten und Krankenhäuser befinden sich in katastrophalem Zustand. Kurz: „Kuba steht kurz vor einer humanitären Krise. (...) Millionen Menschen leben von nur einer Mahlzeit pro Tag“, analysiert Emilio Morales vom Thinktank Cubasiglo21. In den vergangenen fünf Jahren hat rund ein Viertel der Bevölkerung das Land verlassen – das sind mehr als 2,7 Millionen Menschen. Öl gegen Sicherheit Im Gegenzug für Öllieferungen stellt Kuba Venezuela seit Jahren Sicherheitsdienstleistungen zur Verfügung. US-Medien zufolge stützt sich Präsident Maduro auf kubanische Leibwächter und Geheimdienstmitarbeiter. Diese sollen auch dabei helfen, die Loyalität der venezolanischen Streitkräfte zu sichern. Wegen der engen Verbindung nach Caracas fiel auch die Reaktion Havannas auf Trumps Ölblockade entsprechend scharf aus. Diese lehne man „entschieden ab“, schrieb Präsident Miguel Díaz-Canel auf der Plattform X. Außenminister Bruno Rodríguez bezeichnete sie als eine „Eskalation der Aggression“ gegen die Regierung in Caracas.