Bulo’s Beobachtungen: Warum der Weihnachtsmann wunderbar unwoke ist.

Publikaturist und Gary-Glotz -Kreativchef Peter "Bulo" Böhling will morgen seine Ruhe haben und den turi2-Lesern ihre wohlverdiente gönnen. Darum hat er sich schon heute, einen Morgen vor Heiligabend, Gedanken über den Weihnachtsmann gemacht. Sein Fazit: ein guter Kerl mit schlechten Chancen auf dem heutigen Arbeitsmarkt. Von Bulo In den Vorweihnachtswochen wurde ich immer wieder gefragt, ob ich der Nikolaus sei oder ihn zumindest mal im kleinen Kreis spielen möchte. Ho Ho Ho, oder besser gesagt: No No No! Weil aber nicht nur dieser Witz, sondern auch der Bulo mittlerweile einen stattlichen Bart hat, dachte ich mir: Hm … ja … schreibste halt mal was zum Urvater aller Paketboten. Nicht über den Bischof aus dem türkischen Myra, der im dritten Jahrhundert barmherzig den Alten, Hungernden und Kindern half. Nein, über seinen Nachfolger, den niederländischen "Sinterklaas", der vom deutschen Karikaturisten Thomas Nast im 19. Jahrhundert seine typische Erscheinung verpasst bekommen hat: rotes Gewand, Bart, Polarstiefel – Santa Claus eben, dessen Schöpfung oft fälschlicherweise einer US-amerikanischen Kokain-Plörre zugeschrieben wird. Der adipöse Opi mit dem fetten Sack. Wenn dieser dicke Mann im roten Mantel heute mit seinem Schlitten im Assessment-Center von Google , Bertelsmann oder auch nur beim lokalen Lieferdienst landen würde, bekäme er nicht mal einen Parkplatz für sein ungetüvtes Fluggerät. Er ist genau genommen das ultimative Auslaufmodell. Eine wandelnde Red Flag, die im modernen Arbeitsmarkt so deplatziert wirkt wie ein Faxgerät in einem Silicon-Valley-Loft. Ein optisches Desaster. In einer Welt, in der wir über Body Positivity woken und gleichzeitig jeden Salatblatt-Zähler zum Guru stilisieren, ist Santa ein wandelndes Gesundheitsrisiko. Ein alter weißer Mann mit massivem BMI-Überschuss. Unvermittelbar! HR-Abteilungen würden ihn sofort ins Corporate Health Programm stecken, bevor er das erste "Ho" über die Lippen bringt. "Herr Claus, wir schätzen Ihre Experience, aber haben Sie schon mal über Intervallfasten und ein Clean-Shaving-Konzept nachgedacht? Ihr Barthaar verfängt sich in den Server-Lüftern." Und erst seine Begleitung! Elfen?! In einer ungeheizten Werkstatt am Nordpol? Ohne Betriebsrat? Ohne Diversitäts-Check? Wo bleibt die weibliche Doppelspitze?! Ich seh die Schlagzeile schon vor mir: "Ausbeutung im ewigen Eis – Wie ein patriarchaler Alleinherrscher die Rechte kleiner Menschen mit grünen Mützen mit Füßen tritt." Wollte Santa heute eine Stellenausschreibung schalten, müsste er erstmal erklären, warum sein Rentier-Team ausschließlich aus männlich gelesenen Hirschen besteht. Okay, bis auf Vixen vielleicht, aber das ist ein anderes Thema für die Compliance. Und Rudolph? Mobbing wegen einer roten Nase ist ein Fall für die Antidiskriminierungsstelle, nicht für ein rührseliges Lied. Egal wie bunt und warum der Riechkolben leuchtet. Warum sollte man einen Rentner bezahlen, der nur einmal im Jahr liefert, wenn künstliche Intelligenz das Ganze in Echtzeit erledigt? Santa-GPT weiß heute schon per Predictive Analytics, was Sie morgen bereuen werden, gekauft zu haben. Der Algorithmus braucht keinen Kamin, er kommt über den Cookie-Banner. Während Santa noch mühsam Wunschzettel entziffert, hat die KI das Nutzerprofil längst so analysiert, dass das Paket schon vor der Bestellung im Logistikzentrum liegt. "Sorry, Nikolaus, dein Empfehlungsmanagement ist zu analog. Wir haben das jetzt an eine automatisierte Drohnen-Flotte aus Shenzhen ausgelagert. Die jammern auch nicht über die Kälte." Und obendrein weiß der Boomer auch noch, ob und wie brav du warst. Geht’s noch?! In Zeiten der DSGVO ist der Weihnachtsmann der Endgegner jedes Datenschutzbeauftragten. Eine globale Datenbank über das moralische Fehlverhalten von Minderjährigen ohne explizite Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten – das riecht nach einem Bußgeld in Milliardenhöhe. Da hilft auch kein Sack voller Ruten mehr, da hilft nur noch der Insolvenzverwalter. Der Weihnachtsmann ist also das personifizierte Burnout-Risiko mit dem Charme und dem Charakter eines Kohlekraftwerks. Er ist nicht nachhaltig (CO2-Ausstoß durch Rentier-Gase!), er ist nicht digitalisiert und er ist einfach zu nett für die aktuelle Medienwelt. Wer heute Geschenke verteilt, ohne ein Abo-Modell dranzuhängen oder Daten zu fischen, hat den Kapitalismus nicht verstanden. Also, alter Mann, bleib am Nordpol. Melde dich bei einem Startup als Influencer für Vintage-Logistik an oder geh direkt in Rente. Dein Job wird jetzt von einem Algorithmus erledigt, der niemals schläft, keine Kekse frisst und garantiert keine politisch unkorrekten Lieder singt. Ich wünsche Ihnen eine Restwoche, in der Sie feiern bis zum Umfallen und als gäbe es kein Morgen! Falls der Kontroll-Krampus das überhaupt noch erlaubt. Bulo's Beobachtungen gibt es jetzt auch als gedrucktes Buch: Die 20 meistgelesenen Kolumnen unseres Publikaturisten sind als Taschenbuch mit 86 Seiten und einem Vorwort von Joe Groebel im JMB-Verlag erscheinen. Das Buch kostet 12 Euro. jmb-verlag.de Alle Bulo-Beobachtungen lesen Publikaturist und Gary-Glotz -Kreativchef Peter “Bulo” Böhling will morgen seine Ruhe haben und den turi2-Lesern ihre wohlverdiente gönnen. Darum hat er sich schon heute, einen Morgen vor Heiligabend, Gedanken über den Weihnachtsmann gemacht. Sein Fazit: ein guter Kerl mit schlechten Chancen auf dem heutigen Arbeitsmarkt. Von Bulo In den Vorweihnachtswochen wurde ich immer wieder gefragt, ob ich der Nikolaus sei oder ihn zumindest mal im kleinen Kreis spielen möchte. Ho Ho Ho, oder besser gesagt: No No No! Weil aber nicht nur dieser Witz, sondern auch der Bulo mittlerweile einen stattlichen Bart hat, dachte ich mir: Hm … ja … schreibste halt mal was zum Urvater aller Paketboten. Nicht über den Bischof aus dem türkischen Myra, der im dritten Jahrhundert barmherzig den Alten, Hungernden und Kindern half. Nein, über seinen Nachfolger, den niederländischen “Sinterklaas”, der vom deutschen Karikaturisten Thomas Nast im 19. Jahrhundert seine typische Erscheinung verpasst bekommen hat: rotes Gewand, Bart, Polarstiefel – Santa Claus eben, dessen Schöpfung oft fälschlicherweise einer US-amerikanischen Kokain-Plörre zugeschrieben wird. Der adipöse Opi mit dem fetten Sack. Wenn dieser dicke Mann im roten Mantel heute mit seinem Schlitten im Assessment-Center von Google , Bertelsmann oder auch nur beim lokalen Lieferdienst landen würde, bekäme er nicht mal einen Parkplatz für sein ungetüvtes Fluggerät. Er ist genau genommen das ultimative Auslaufmodell. Eine wandelnde Red Flag, die im modernen Arbeitsmarkt so deplatziert wirkt wie ein Faxgerät in einem Silicon-Valley-Loft. Ein optisches Desaster. In einer Welt, in der wir über Body Positivity woken und gleichzeitig jeden Salatblatt-Zähler zum Guru stilisieren, ist Santa ein wandelndes Gesundheitsrisiko. Ein alter weißer Mann mit massivem BMI-Überschuss. Unvermittelbar! HR-Abteilungen würden ihn sofort ins Corporate Health Programm stecken, bevor er das erste “Ho” über die Lippen bringt. “Herr Claus, wir schätzen Ihre Experience, aber haben Sie schon mal über Intervallfasten und ein Clean-Shaving-Konzept nachgedacht? Ihr Barthaar verfängt sich in den Server-Lüftern.” Und erst seine Begleitung! Elfen?! In einer ungeheizten Werkstatt am Nordpol? Ohne Betriebsrat? Ohne Diversitäts-Check? Wo bleibt die weibliche Doppelspitze?! Ich seh die Schlagzeile schon vor mir: “Ausbeutung im ewigen Eis – Wie ein patriarchaler Alleinherrscher die Rechte kleiner Menschen mit grünen Mützen mit Füßen tritt.” Wollte Santa heute eine Stellenausschreibung schalten, müsste er erstmal erklären, warum sein Rentier-Team ausschließlich aus männlich gelesenen Hirschen besteht. Okay, bis auf Vixen vielleicht, aber das ist ein anderes Thema für die Compliance. Und Rudolph? Mobbing wegen einer roten Nase ist ein Fall für die Antidiskriminierungsstelle, nicht für ein rührseliges Lied. Egal wie bunt und warum der Riechkolben leuchtet. Warum sollte man einen Rentner bezahlen, der nur einmal im Jahr liefert, wenn künstliche Intelligenz das Ganze in Echtzeit erledigt? Santa-GPT weiß heute schon per Predictive Analytics, was Sie morgen bereuen werden, gekauft zu haben. Der Algorithmus braucht keinen Kamin, er kommt über den Cookie-Banner. Während Santa noch mühsam Wunschzettel entziffert, hat die KI das Nutzerprofil längst so analysiert, dass das Paket schon vor der Bestellung im Logistikzentrum liegt. “Sorry, Nikolaus, dein Empfehlungsmanagement ist zu analog. Wir haben das jetzt an eine automatisierte Drohnen-Flotte aus Shenzhen ausgelagert. Die jammern auch nicht über die Kälte.” Und obendrein weiß der Boomer auch noch, ob und wie brav du warst. Geht’s noch?! In Zeiten der DSGVO ist der Weihnachtsmann der Endgegner jedes Datenschutzbeauftragten. Eine globale Datenbank über das moralische Fehlverhalten von Minderjährigen ohne explizite Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten – das riecht nach einem Bußgeld in Milliardenhöhe. Da hilft auch kein Sack voller Ruten mehr, da hilft nur noch der Insolvenzverwalter. Der Weihnachtsmann ist also das personifizierte Burnout-Risiko mit dem Charme und dem Charakter eines Kohlekraftwerks. Er ist nicht nachhaltig (CO2-Ausstoß durch Rentier-Gase!), er ist nicht digitalisiert und er ist einfach zu nett für die aktuelle Medienwelt. Wer heute Geschenke verteilt, ohne ein Abo-Modell dranzuhängen oder Daten zu fischen, hat den Kapitalismus nicht verstanden. Also, alter Mann, bleib am Nordpol. Melde dich bei einem Startup als Influencer für Vintage-Logistik an oder geh direkt in Rente. Dein Job wird jetzt von einem Algorithmus erledigt, der niemals schläft, keine Kekse frisst und garantiert keine politisch unkorrekten Lieder singt. Ich wünsche Ihnen eine Restwoche, in der Sie feiern bis zum Umfallen und als gäbe es kein Morgen! Falls der Kontroll-Krampus das überhaupt noch erlaubt. Bulo’s Beobachtungen gibt es jetzt auch als gedrucktes Buch: Die 20 meistgelesenen Kolumnen unseres Publikaturisten sind als Taschenbuch mit 86 Seiten und einem Vorwort von Joe Groebel im JMB-Verlag erscheinen. Das Buch kostet 12 Euro. jmb-verlag.de Alle Bulo-Beobachtungen lesen