Streaming killed the Videostar:: Keine Musikvideos mehr auf MTV Germany

In den frühen Morgenstunden des 1. Jänner wird das letzte Musikvideo auf MTV laufen. Mit deren Aus beim deutschen Ableger des Musiksenders geht eine Ära der TV-Unterhaltung im deutschsprachigen Raum zu Ende. Der Sender startete 1997 in Deutschland noch unter dem Titel MTV Central und war damals die Quelle schlechthin für Musikvideos. Einmal noch "Unplugged" Über Jahrzehnte drehte sich hier fast alles um Stars und ihre Songs - oft auch über die eigentlichen Clips hinaus. Künftig bekommen Zuschauerinnen und Zuschauer vor allem Realitys, Dokusoaps und Clipshows vorgesetzt, die jetzt schon ein Gutteil des Programms bespielen. Das letzte Mal sind Sendungen wie "MTV 80s", "MTV 90s" und "MTV 00s" am 31. Dezember zwischen 10.00 und 12.45 Uhr zu sehen. In der Primetime soll"s noch ein letztes Mal ein "MTV Unplugged" geben. Es war eine Generationen prägende Musik-Symbiose: Exklusiv auf MTV debütierten über die Jahre die wichtigsten neuen Musikvideos. Nicht nur internationale Stars promoteten damit ihre neuen Singles, auch deutschsprachige Künstler nutzten diese Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen. Rammstein etwa zeigten im August 2004 in der Sendung "MTV Select" erstmals ihren damals neuen Clip zum Song "Amerika". Der Sender half mit vielen Wiederholungen von Videos, deutsche Bands international zu etablieren - damals etwa auch Tokio Hotel. MTV als Moderatoren-Startrampe Mit "MTV Select" setzte der Deutschland-Ableger stark auf Interaktivität mit dem Publikum. Per Anruf oder SMS konnte man Lieblingsmusikvideos wählen oder bei Spielen gewinnen. Ins Studio kamen Charts-Musiker wie Jeannette Biedermann, Campino von den Toten Hosen oder Indie-Bands wie Virginia Jetzt. Zu Stars wurden auch jene, die als Moderatoren der Sendung ihre Gesichter liehen, zu den bekanntesten "Select"-Faces gehörten Mirjam Weichselbraun und Anastasia Zampounidis. Markenbildung mit Blödeln Apropos MTV-Gesichter: Mit der Sendung "MTV Home" erschien ab 2009 ein Moderatorenduo auf der Bildfläche, das noch heute als "Video Content" gefragt ist. Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, der zuvor vom Musikkanal-Konkurrenten Viva zu MTV gewechselt war, prägten mit ihrem schnellen Schlagabtausch, Improvisationstalent und respektlosen Humor den Ton der Sendung. Unplugged auch mit deutschsprachigen Stars MTV gab Musikern aber auch immer wieder die Gelegenheit, sich in der Konzertreihe "MTV Unplugged" ganz anders zu präsentieren. Wer dafür ausgewählt wurde, durfte sich einem erlauchten Kreis zugehörig fühlen. Nicht nur international ging das Format mit Bands wie Nirvana oder Oasis durch die Decke, auch der deutsche MTV-Ableger machte mit heimischen Künstlern Furore. So spielten etwa die Fantastischen Vier im Jahr 2000 in einer Eiszeithöhle, 2010 Sido im Berliner Märkischen Viertel. Auch österreichische Acts, wie Andreas Gabalier oder Christina Stürmer, gaben ein MTV-Unplugged-Konzert. Kommerziell erfolgreich waren die zugehörigen Alben allemal. Knet-Wrestling mit Grönemeyer und Co. Mit "Celebrity Deathmatch" beschloss MTV in den 1990ern, Promi-Klatsch und Wrestling-Mania zusammenzubringen. In blutigen Stop-Motion-Clips prügeln sich Stars aus Musik, Film, Sport und Politik als groteske Knetfiguren bis zur Unkenntlichkeit, kommentiert wie ein ernsthaftes Sportereignis. Die satirische Abrechnung mit Starkult und Medienhysterie machte auch vor Deutschland nicht halt. Gegeneinander an treten etwa die 90er-Late-Night-Titanen Harald Schmidt und Stefan Raab, die Deutschrock-Größen Marius Müller-Westernhagen und Herbert Grönemeyer, die Punkrocker Campino und Bela B. sowie die Techno-Ikonen Sven Väth und Westbam. 2011 verabschiedete sich MTV ins Pay-TV, ein Bruch der Sehgewohnheiten, das Gratis-Hintergrund-Rauschen ersetzten andere wie Spotify oder YouTube. Die Rückkehr ins FreeTV und als Smart-Channel nach 2017 war nur noch eine Fußnote der Fernsehgeschichte. Reality, Reality, Reality 2026 gibt"s dann in der Primetime vor allem die beiden Realitys "Caught in the Act: Unfaithful" (plus weitere Ableger) und "Help! I"m in a Secret Relationship!", zitiert dwdl aus dem Programmplan. Dazu kommen Reality-Formate wie "Ex on the Beach US", "Germany Shore", "Geordie Shore" und - neu - "Aussie Shore". Großflächig im Programm vertreten sein werden auch Formate wie "Ridiculousness", "Teen Mom" oder auch "Catfish: The TV Show" sowie diverse Tattoo-Formate.