Einsamkeit hat während der Feiertage sozusagen „Hochsaison“. Allein zu sein, während zumindest die Illusion der glücklichen Familie in jedes Wohnzimmer schwappt, tut weh. Es ist eine anschwellende Pandemie, die nicht nur, aber auch mit Kinderlosigkeit zu tun hat: Die Geburtenrate, ohnehin auf einem historischen Tief von statistischen 1,33 Kindern pro Frau, sinkt weiter und ist damit eine der niedrigsten der Welt. Würde man Menschen mit Migrationshintergrund ausklammern, läge sie sogar bei unter eins, während Frauen aus Afghanistan oder Syrien bei uns im Schnitt 3,3 Kinder bekommen. Im Islam gilt die Familie als Altersvorsorge. Das Damoklesschwert Demografie wird erstaunlicherweise ignoriert, obwohl es dramatische Folgen hat: Wohlstand wird verspielt, und Sozialsysteme werden überlastet, wenn eine Schieflage zwischen Alt und Jung entsteht. Es gibt dadurch nicht nur weniger Beitragszahler, sondern auch weniger Dienstleister – dabei werden mehr gebraucht, wenn familiäre Netze reißen. Logischerweise müssten die Österreicher schon allein deswegen später in Pension gehen. Für drei in den Ruhestand tretende Babyboomer rücken nur zwei Junge nach. Unsere Gesellschaft verändert sich gerade radikal – christlich Geprägte werden weniger, (konservative) Muslime wegen der deutlich höheren Fertilitätsrate mehr. Und auch die soziale Schere geht auf: zwischen den Einzelkindern der Erbengeneration und den ärmeren Zuwandererfamilien. Das kann starke gesellschaftliche Spannungen auslösen. Die Gründe für die Kinderverweigerung reichen von der Spaßgesellschaft über Verunsicherung durch Inflation und Krisen, Angst vor schwieriger Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis hin zum fehlenden Ideal-Partner. Kinder gelten als anstrengend und teuer. Der Kinderwunsch wird aufgeschoben bis zum St. Nimmerleinstag. „In der dritten kinderarmen Generation hat man sich an ein Leben ohne Kinder, Geschwister etc. gewöhnt und gibt diese Einstellung weiter“, sagt Rolf Gleißner, sozialpolitischer Referent der Wirtschaftskammer. Eine alternde Gesellschaft, in der Kinder nicht mehr als sinnstiftend erlebt werden, verliert an Dynamik, wird pessimistischer, bequemer, egozentrischer, einsamer und schließlich auch ärmer. Wie kann man es ändern? Am Geld liegt es nicht: Österreich schüttet hohe Familienförderungen aus – und „Arme“ kriegen mehr Kinder als die Mittel- und Oberschicht. Die öffentliche Kinderbetreuung ist ein vorgeschobenes Argument, auch wenn sie immer noch verbesserbar ist. Es fehlt vor allem der positive Zugang zu Kindern und der Mut dazu. Den zu unterstützen, sind Politik und Medien aufgerufen. „Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all“ – nicht nur zur Weihnachtszeit. KURIER KURIER-Herausgeberin Martina Salomon