Streunerkatzen: Tierisches Leid vor der eigenen Haustür

Es gibt da diese eine Sache, die Gabriele Drechsler einfach keine Ruhe lässt. Seit zwei Jahren lebt die Pensionistin in Mold, einer beschaulichen Gemeinde im Bezirk Horn mit Blick auf die Rosenburg. Kurz nach dem Umzug beobachtet Drechsler einige herrenlose Katzen , die teils verletzt, teils hungernd, durch ihre neue Nachbarschaft streunen. Die Waldviertlerin hatte Mitleid und machte es sich schließlich zur Aufgabe, die Tiere zu füttern – und vor allem dafür zu sorgen, dass sich die heimatlosen Vierbeiner nicht weiterhin unkontrolliert vermehren. Bitte um Hilfe an die Gemeinde Drei Katzen hat Drechsler seither auf eigene Kosten kastrieren lassen. Bei fünf weiteren sei ein Eingriff ihrer Ansicht nach "dringend notwendig". Die Kosten von etwa 80 Euro pro Kater sowie 120 Euro pro Katze könne sie jedoch nicht tragen. Hilfesuchend wendete sie sich an die Gemeinde Rosenburg-Mold , finanzielle Unterstützung für ihr Anliegen bleibt laut Drechsler jedoch aus. Für die Kastrationskosten bei Streunerkatzen ist in Niederösterreich grundsätzlich eine Drittel-Lösung vorgesehen: Zwei Drittel trägt das Land, ein Drittel die Gemeinde. Die Sache mit der (Landes-)Förderung Als im Februar erneut im Rahmen der Kampagne "Kastriere 1, rette 100" auf diese Regelung hingewiesen wird, erkennt Drechsler eine neue Chance. Sie wendet sich ein weiteres Mal an die Gemeinde – und wird abgewiesen. Denn: Es steht den Gemeinden frei, sich an dem Projekt zu beteiligen. Entscheidet sich die Kommune dagegen, bleibt die Zwei-Drittel-Förderung des Landes allerdings ebenfalls aus und engagierte Privatpersonen oder Tierschutzvereine müssen die Eingriffe aus eigener Tasche bezahlen. Im Gemeindeamt Rosenburg-Mold ist man auf das Thema Streunerkatzen nicht besonders gut zu sprechen. "Wir waren vorheriges Jahr beim Projekt beteiligt und heuer nicht. Das hat der Gemeinderat beschlossen", so ÖVP-Bürgermeister Wolfgang Schmöger zur derzeitigen Lage. Mit der Drittel-Lösung des Landes sei man nicht zufrieden. Denn unterm Strich bleibt es für Schmöger eine Kostenfrage, "und wir sind nicht die einzige Gemeinde, die nicht dabei ist". Landesweites Problem? Eine Aussage, die einen zentralen Punkt trifft. So scheint das Streunerkatzen-Problem in Mold weniger eine lokale Ausnahme, sondern vielmehr Teil eines niederösterreichweiten Problems zu sein, das künftig zunehmen könnte, wie Mareike Schnabl vom Verein "Save Cats! Yes We Can" sagt. Aufgrund der Budgetkürzungen hätten bereits einige Gemeinden angekündigt, sich 2026 nicht oder nicht mehr an dem Projekt zu beteiligen. Damit würde der finanzielle Aufwand einmal mehr an tierlieben Privatpersonen und – nicht selten spendenfinanzierten – Tierschutzorganisationen hängen bleiben. "Niederösterreich würde übergehen . . ." Diese sorgen laut Schnabl ohnehin hauptsächlich dafür, dass die Anzahl der Streunerkatzen überschaubar bleibt: "Wenn es die vielen freiwilligen Vereine nicht gäbe, die mit eigenen Ideen versuchen, die Kosten zu finanzieren, dann würde Niederösterreich übergehen vor Streunerkatzen." Auf der Suche nach besseren Lösungen scheiterte die Tierschützerin im Gespräch mit dem Land wiederholt an zwei Aspekten: "Entweder ist kein Budget da oder es kann rechtlich nicht umgesetzt werden." Aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Susanne Rosenkranz (FPÖ) heißt es auf KURIER-Anfrage, dass die Streunerkatzen-Kastrationsaktion des Landes ein zentrales Instrument des nachhaltigen Tierschutzes sei. 2025 wurden bisher mehr als 1.200 Tiere kastriert und dafür knapp 81.000 Euro investiert. Keine Verpflichtung Das Land setzte bei dem Fördermodell bewusst auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden , unter anderem, "da diese die lokalen Gegebenheiten am besten kennen". Da die Tiere jedoch niemandem gehören, könne niemand zur Kastration verpflichtet werden. Stattdessen soll mit Kampagnen wie "Kastriere 1, rette 100" an Gemeinden appelliert werden, sich stattdessen freiwillig an der Tierschutzmaßnahme zu beteiligen. Ein Aufruf, der in den Augen von Gabriele Drechsler in ihrer Gemeinde kaum Gehör findet. "Es interessiert sich einfach niemand dafür", findet die Pensionistin, während sie selbst nicht mehr wegsehen kann.