Trump und Selenskij scheitern an Kriegsbeendigung – was nun?

Verhandlungen , die zu einem Ende eines Krieges führen, können manchmal Jahre dauern. Erst seit Ende Oktober, als die USA einen für die Ukraine schockierenden Friedensplan für die Ukraine vorgelegt hatten, gewannen die Gespräche zwischen Kiew, Washington, Moskau und den Europäern an Dynamik. Der Ukraine und den sie unterstützenden Europäern liegt vor allem daran, den extrem Russland-freundlichen Plan der USA zu besseren Konditionen für die Ukraine zu ändern. Zum vierten Mal trafen sich nun US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenskij heuer zu Gesprächen über eine Beendigung des Krieges. Nach ihren Verhandlungen in Trumps Luxusdomizil Mar-a-Lago, Florida, blieben die großen Erfolgsmeldungen zunächst aus. Doch es gab auch kleine Fortschritte. Wo sind sie und woran hakt es nach wie vor? Trump lobte das „ausgezeichnete“ Gespräch mit Selenskij und die „großen Fortschritte“ bei der Beendigung des Krieges. Welche Fortschritte genau? Obwohl sich Trump und Selenskij auf einer Pressekonferenz gegenseitig wortreich lobten, gingen sie kaum auf konkrete Punkte ein. Selenskij versicherte, er und Trump hätten „alle Aspekte“ eines 20-Punkte-Friedensplans besprochen: Man sei zu „90 Prozent“ auf dem Weg zu einer Einigung. Bei den militärischen Aspekten des US-Plans stimme die Ukraine sogar „zu 100 Prozent zu“. Aber auch dazu nannte Selenskij keine konkreten Details. Was sind die zehn Prozent, zu denen die Ukraine nicht zustimmen kann? Die Abtretung von Territorium an Russland. Kremlherr Putin beharrt auf seinen Maximalforderungen, darunter den einseitigen Rückzug der Ukraine aus dem verbleibenden, noch unter Kiewer Kontrolle stehenden Teil des östlichen Donbass. Für die Ukraine ist das eine Rote Linie. Die Ukraine hat hier einen Festungswall errichtet, würde sie diesen aufgeben, könnte Russland ohne Probleme militärisch weiter vorrücken. Studien haben errechnet, dass Russland bei dem gegenwärtigen Tempo seines Vorrückens und unter massiven Verlusten noch mindestens eineinhalb Jahre brauchen würde, um den restlichen Donbass zu erobern. Was will hingegen die Ukraine? Selenskij pocht auf einen Waffenstillstand - die Kämpfe sollen entlang der gegenwärtigen Frontlinie eingefroren werden. Dann könnte binnen 60 Tagen eine Volksbefragung organisiert werden, ob die ukrainische Bevölkerung dem US-Plan samt Gebietsabtretungen an Russland zustimmt. EPA/PRESIDENTIAL PRESS SERVICE HANDOUT Gespräche zwischen US- und ukrainischem Team in Mar-a-Lago, Florida „Natürlich muss unsere Gesellschaft eine Wahl treffen und abstimmen, denn es ist ihr Land, nicht das Land einer einzelnen Person, es ist das Land unserer Nation“, sagte Selenskij. Moskau lehnt dies glatt ab - ein Waffenstillstand kommt für Moskau derzeit nicht in Frage. Die Angriffe mit Drohnen und Raketen auf Ziele in der Ukraine werden mit aller Härte fortgeführt. Könnte das noch nicht von Russland eroberte Gebiet im Donbass entmilitarisiert und zur neutralen Zone erklärt werden? Selenskij würde einem ukrainischen Truppenabzug zur Schaffung einer Wirtschaftszone - wie Trump es vorschlägt - zustimmen, wenn die russischen Streitkräfte dasselbe täten. Das Gebiet müsste aber offiziell Teil der Ukraine bleiben und von einer internationalen Friedenstruppe überwacht werden. Moskau sagt dazu: Njet. Wie sieht es mit den von der Ukraine geforderten Sicherheitszusagen der USA aus? Ohne konkret zu werden, sagte Trump am Sonntag: „Wir werden mit Europa zusammenarbeiten; sie werden einen großen Teil davon übernehmen.“ Sicher ist dabei nur: Die USA werden keine Soldaten in die Ukraine schicken, können aber den Europäern logistische Unterstützung bieten. Selenskij pocht auf 50 Jahre US-Sicherheitsgarantien, Trump will höchstens 15 Jahre bieten. Wobei alle Details noch offen sind. Trump bot zudem an, vor dem ukrainischen Parlament zu sprechen, „wenn dadurch monatlich 25.000 Menschenleben gerettet werden“ und ein Friedensabkommen vorangetrieben werden könnte. Russland lehnt kategorisch ab, dass irgendein europäischer Soldat in der Ukraine stationiert wird. Jeder Soldat sei für Russland ein legitimes Angriffsziel. Strittig ist auch nach wie vor die Verwaltung des AKW Saporischschja... Trump versicherte, dass Putin bereit sei, mit Kiew bei der Kontrolle über das Atomkraftwerk – Europas größtes AKW – im Rahmen eines Friedensabkommens zusammenzuarbeiten. Derzeit kontrollieren russische Streitkräfte das Kraftwerk in der Südostukraine. „Die Anlage ist in gutem Zustand und kann sofort wieder in Betrieb genommen werden. Putin arbeitet mit der Ukraine zusammen, um die Inbetriebnahme zu ermöglichen“, sagte Trump, der am Sonntag auch mehr als zwei Stunden mit Putin telefoniert hatte. „Das ist ein großer Schritt, wenn er die Anlage nicht gerade bombardiert.“ Nach dem Treffen mit Trump hat Selenskij mit den Europäern telefoniert und sie über den Verhandlungsfortschritt informiert. Was weiß man darüber? Auch US-Präsident Trump hat mit europäischen Staats- und Regierungschefs gesprochen, darunter mit dem britischen Premier Keir Starmer, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Über konkrete Aussagen ist nichts bekannt. Allerdings begrüßte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, die „guten Fortschritte. Europa ist bereit, die Zusammenarbeit mit der Ukraine und unseren US-Partnern fortzusetzen, um diese Fortschritte zu festigen“, sagte von der Leyen und fügte hinzu: „Von größter Bedeutung für diese Bemühungen sind absolute Sicherheitsgarantien vom ersten Tag an.“ Was ist das Fazit der jüngsten Verhandlungen? Auch wenn die USA nun massiven Druck machen, um tatsächlich bald zu einem Friedensabkommen zu gelangen, fehlt vor allem eine Seite: Russland. Moskau hat bereits signalisiert, dass es alle von der Ukraine vorgeschlagenen Änderungen an Trumps früherem 28-Punkte-Plan ablehnen wird. Außenminister Sergej Lawrow warf Kiew zuletzt vor, sich „konstruktiven Verhandlungen“ zur Beendigung des Krieges zu entziehen. Putin wiederum drohte, dass Russland seine Ziele mit Gewalt durchsetzen werde, falls Kiew seine Bedingungen ablehne. Selenskij erwartet ohnehin nicht, dass Putin dem von der Ukraine vorgeschlagenen Plan zustimmen wird. Er forderte vielmehr Trump und sein Team auf, massiven Druck auf die USA auf Russland auszuüben.