Bulo’s Beobachtungen: Keine Angst, 2026 wird noch härter!

Publikaturist und Gary-Glotz -Kreativchef Peter "Bulo" Böhling hält nicht viel von den ewig gleichen, pseudo-sentimentalen Jahresrückblicken. Lieber schaut er nach vorn und orakelt, was im nächsten Jahr so auf die Medienbranche zukommen könnte. Aber egal was: Er betrachtet die Zeit der Erbsenzähler als vorbei und plädiert für mehr Zuversicht und Kreativität. Von Bulo Wie Sie mittlerweile wissen, mag ich als wortverliebter Kolumnisateur Überschriften, bei denen Sie hängenbleiben. Stolpern, grübeln, mitdenken. Und obwohl der provokante Satz zunächst wie ein Paradoxon wirkt, ist er letztlich nur ein Oxymoron – also ein scheinbares Paradoxon. Denn ja: Mit geschätzten 24.500 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland dürfte das kommende Jahr auch für die Medienmacher kein Spaß werden. Und nein: Haben Sie keine Angst, denn die ist in der Regel ein schlechter, weil kontraproduktiver Berater. Sie aktiviert das Stirnhirn oft zu spät und stattdessen dominieren Stressreaktionen wie Flucht, Kampf oder Erstarrung. Das führt zu einem Tunnelblick, bei dem kreative Lösungen übersehen werden. Und genau jene brauchen wir 2026 ganz besonders. Zuversicht ist das Gebot der Stunde. Die nämlich unterscheidet sich vom reinen Optimismus dadurch, dass sie Gefahren nicht ignoriert, sondern auf die eigene Fähigkeit vertraut, mit ihnen umzugehen. Sie ändert die Selektivität der Wahrnehmung, und es werden vermehrt positive Signale sowie Möglichkeiten statt nur Bedrohungen erkannt. Damit fördert sie die Selbstwirksamkeit, also das Gefühl, das Ruder in der Hand zu haben und Situationen aktiv gestalten zu können. Einfallsreich, findig, ideenreich, fantasievoll – kreativ eben. Warum ich immer wieder darauf zurückkomme? Will ich Ihnen sagen! Noch schreiben wir das Jahr 2025. Draußen summen die Lieferdrohnen, drinnen halluziniert die KI munter vor sich hin, und im Konferenzraum "Hirschgarten" (oder wie diese stinkigen Treffkabinen immer heißen) sitzt immer noch derselbe Kasper mit dem grauen Pullunder und einer Excel-Tabelle, die so unfassbar lang ist wie die Badeshort von Mathias Döpfner. Nennen wir ihn mal liebevoll den Controller, obwohl Zauder-Zombie besser passen würde. Wenn ich mir das Mediendorf im ausgehenden Licht des alten Jahres anschaue, habe ich das Gefühl, wir haben uns in einer Dauerschleife der Bedenkenträgerei verheddert. Und viel zu viel Zeit damit verbracht, "Effizienzpotenziale" zu suchen. Was im Medien-Deutsch ja bekanntlich nichts anderes heißt als: Wir streichen die Kantine, das Klopapier und jeglichen Rest von Inspiration. Und jetzt stehen wir da mit unseren perfekt optimierten, aber völlig seelenlosen Content-Maschinen. Weil wir zu viele Menschen in Entscheider-Positionen haben, deren größtes kreatives Highlight die Auswahl der Hintergrundfarbe für die nächste Powerpoint-Präsentation ist. Die unheiligen drei(tausend) Könige der Erbsenzähler. Menschen, die erst dann eine Entscheidung treffen, wenn drei Agenturen, zwei fesche freshe Fokusgruppen und eine faltige Wahrsagerin schriftlich bestätigt haben, dass das Risiko bei exakt null Prozent liegt. Aber Überraschung: Im Mediengeschäft von 2026 wird es das größte Risiko sein, kein Risiko mehr einzugehen. Während bräsige Verlags-Vögte in den Corner-Offices noch diskutieren, ob ein Podcast über das Paarungsverhalten von Büroklammern auch wirklich brand safe ist, hat sie die Konkurrenz (die meistens aus zwei 19-Jährigen in einer Garage aus Bottrop-Kirchhellen besteht) längst rechts überholt. Und zwar mit Inhalten, die Ecken, Kanten und vor allem eins haben: Herzblut. Kreativität ist in vielen Verlagen und Sendern leider zur lästigen Störgröße degradiert worden, zu einem Bug im System der Gewinnmaximierung. Doch, liebe Zahlenschubser, hört gut zu! Man kann eine Marke nicht groß sparen, man kann sie nur groß denken. Wir brauchen keine Krämerseelen mehr, die als Erstes wissen wollen "Was kostet das?", sondern Typen, die fragen "Warum eigentlich nicht?" Wir brauchen Möglichmacher. Diejenigen, die den Mut haben, auch mal einen ordentlichen Flop hinzulegen, statt den zehnten lauwarmen Aufguss eines Formats zu produzieren, das schon 2014 niemanden mehr hinter dem Ofen vorgelockt hat. Lasst uns die Dippelschisser einfach mal für drei Monate in den unbezahlten Urlaub schicken oder in den Keller sperren, wo sie in aller Ruhe und mit befremdlicher Erregung ihre Pivot-Tabellen streicheln können. Stattdessen holen wir die Ideen-Inkubatoren ans Ruder. Freigeister, die ihr Bauchgefühl wieder über Big Data stellen, denn Daten sagen dir immer nur, was gestern war, aber dein Bauch sagt dir, was morgen rockt. Her mit den Köpfen und "Bäuchen", die den roten Stift endlich gegen den bunten Pinsel tauschen und öfter mal "Ja, und …" statt des ewigen "Nein, weil …" rufen. Die Medienbranche 2026 wird kein Ort für Weicheier sein. Wer jetzt nicht den Arsch in der Hose hat, auch mal kräftig gegen den Strich zu bürsten, wird im weißen Rauschen der Algorithmen sang- und klanglos untergehen. Ich wünsche Ihnen eine Restwoche beziehungsweise ein Restjahr, mit der zuversichtlichen Freude auf alles Neue! Bulo's Beobachtungen gibt es jetzt auch als gedrucktes Buch: Die 20 meistgelesenen Kolumnen unseres Publikaturisten sind als Taschenbuch mit 86 Seiten und einem Vorwort von Jo Groebel im JMB-Verlag erscheinen. Das Buch kostet 12 Euro. jmb-verlag.de Alle Bulo-Beobachtungen lesen Publikaturist und Gary-Glotz -Kreativchef Peter “Bulo” Böhling hält nicht viel von den ewig gleichen, pseudo-sentimentalen Jahresrückblicken. Lieber schaut er nach vorn und orakelt, was im nächsten Jahr so auf die Medienbranche zukommen könnte. Aber egal was: Er betrachtet die Zeit der Erbsenzähler als vorbei und plädiert für mehr Zuversicht und Kreativität. Von Bulo Wie Sie mittlerweile wissen, mag ich als wortverliebter Kolumnisateur Überschriften, bei denen Sie hängenbleiben. Stolpern, grübeln, mitdenken. Und obwohl der provokante Satz zunächst wie ein Paradoxon wirkt, ist er letztlich nur ein Oxymoron – also ein scheinbares Paradoxon. Denn ja: Mit geschätzten 24.500 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland dürfte das kommende Jahr auch für die Medienmacher kein Spaß werden. Und nein: Haben Sie keine Angst, denn die ist in der Regel ein schlechter, weil kontraproduktiver Berater. Sie aktiviert das Stirnhirn oft zu spät und stattdessen dominieren Stressreaktionen wie Flucht, Kampf oder Erstarrung. Das führt zu einem Tunnelblick, bei dem kreative Lösungen übersehen werden. Und genau jene brauchen wir 2026 ganz besonders. Zuversicht ist das Gebot der Stunde. Die nämlich unterscheidet sich vom reinen Optimismus dadurch, dass sie Gefahren nicht ignoriert, sondern auf die eigene Fähigkeit vertraut, mit ihnen umzugehen. Sie ändert die Selektivität der Wahrnehmung, und es werden vermehrt positive Signale sowie Möglichkeiten statt nur Bedrohungen erkannt. Damit fördert sie die Selbstwirksamkeit, also das Gefühl, das Ruder in der Hand zu haben und Situationen aktiv gestalten zu können. Einfallsreich, findig, ideenreich, fantasievoll – kreativ eben. Warum ich immer wieder darauf zurückkomme? Will ich Ihnen sagen! Noch schreiben wir das Jahr 2025. Draußen summen die Lieferdrohnen, drinnen halluziniert die KI munter vor sich hin, und im Konferenzraum “Hirschgarten” (oder wie diese stinkigen Treffkabinen immer heißen) sitzt immer noch derselbe Kasper mit dem grauen Pullunder und einer Excel-Tabelle, die so unfassbar lang ist wie die Badeshort von Mathias Döpfner. Nennen wir ihn mal liebevoll den Controller, obwohl Zauder-Zombie besser passen würde. Wenn ich mir das Mediendorf im ausgehenden Licht des alten Jahres anschaue, habe ich das Gefühl, wir haben uns in einer Dauerschleife der Bedenkenträgerei verheddert. Und viel zu viel Zeit damit verbracht, “Effizienzpotenziale” zu suchen. Was im Medien-Deutsch ja bekanntlich nichts anderes heißt als: Wir streichen die Kantine, das Klopapier und jeglichen Rest von Inspiration. Und jetzt stehen wir da mit unseren perfekt optimierten, aber völlig seelenlosen Content-Maschinen. Weil wir zu viele Menschen in Entscheider-Positionen haben, deren größtes kreatives Highlight die Auswahl der Hintergrundfarbe für die nächste Powerpoint-Präsentation ist. Die unheiligen drei(tausend) Könige der Erbsenzähler. Menschen, die erst dann eine Entscheidung treffen, wenn drei Agenturen, zwei fesche freshe Fokusgruppen und eine faltige Wahrsagerin schriftlich bestätigt haben, dass das Risiko bei exakt null Prozent liegt. Aber Überraschung: Im Mediengeschäft von 2026 wird es das größte Risiko sein, kein Risiko mehr einzugehen. Während bräsige Verlags-Vögte in den Corner-Offices noch diskutieren, ob ein Podcast über das Paarungsverhalten von Büroklammern auch wirklich brand safe ist, hat sie die Konkurrenz (die meistens aus zwei 19-Jährigen in einer Garage aus Bottrop-Kirchhellen besteht) längst rechts überholt. Und zwar mit Inhalten, die Ecken, Kanten und vor allem eins haben: Herzblut. Kreativität ist in vielen Verlagen und Sendern leider zur lästigen Störgröße degradiert worden, zu einem Bug im System der Gewinnmaximierung. Doch, liebe Zahlenschubser, hört gut zu! Man kann eine Marke nicht groß sparen, man kann sie nur groß denken. Wir brauchen keine Krämerseelen mehr, die als Erstes wissen wollen “Was kostet das?”, sondern Typen, die fragen “Warum eigentlich nicht?” Wir brauchen Möglichmacher. Diejenigen, die den Mut haben, auch mal einen ordentlichen Flop hinzulegen, statt den zehnten lauwarmen Aufguss eines Formats zu produzieren, das schon 2014 niemanden mehr hinter dem Ofen vorgelockt hat. Lasst uns die Dippelschisser einfach mal für drei Monate in den unbezahlten Urlaub schicken oder in den Keller sperren, wo sie in aller Ruhe und mit befremdlicher Erregung ihre Pivot-Tabellen streicheln können. Stattdessen holen wir die Ideen-Inkubatoren ans Ruder. Freigeister, die ihr Bauchgefühl wieder über Big Data stellen, denn Daten sagen dir immer nur, was gestern war, aber dein Bauch sagt dir, was morgen rockt. Her mit den Köpfen und “Bäuchen”, die den roten Stift endlich gegen den bunten Pinsel tauschen und öfter mal “Ja, und …” statt des ewigen “Nein, weil …” rufen. Die Medienbranche 2026 wird kein Ort für Weicheier sein. Wer jetzt nicht den Arsch in der Hose hat, auch mal kräftig gegen den Strich zu bürsten, wird im weißen Rauschen der Algorithmen sang- und klanglos untergehen. Ich wünsche Ihnen eine Restwoche beziehungsweise ein Restjahr, mit der zuversichtlichen Freude auf alles Neue! Bulo’s Beobachtungen gibt es jetzt auch als gedrucktes Buch: Die 20 meistgelesenen Kolumnen unseres Publikaturisten sind als Taschenbuch mit 86 Seiten und einem Vorwort von Jo Groebel im JMB-Verlag erscheinen. Das Buch kostet 12 Euro. jmb-verlag.de Alle Bulo-Beobachtungen lesen