Die oft als verschlafen belächelte Wiener Börse war 2025 hellwach und braucht auch den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Im Wiener Leitindex ATX, mit seinen 20 gelisteten Unternehmen, war der steirische Leiterplattenhersteller AT&S mit einem Kursplus von 159,7 Prozent der Spitzenreiter. Im breiteren „Prime Market“, der 39 Unternehmen enthält, stach der Wiener Flugsicherungsspezialist Frequentis mit einem Kursplus von 157,5 Prozent hervor. Insgesamt ging es mit dem ATX 2025 um 45,41 Prozent auf 5.326,33 Punkte nach oben. Das markiert nicht nur ein weiteres Rekordhoch, sondern auch den höchsten Jahresgewinn seit 2005 beziehungsweise das viertbeste Jahr seiner Geschichte. Zum Vergleich: Der Frankfurter DAX schaffte mit einem Kursplus von 23 Prozent gerade einmal die Hälfte von Wien. Der New Yorker Dow Jones schaffte einen Jahresgewinn von lediglich 13,8 Prozent. Finanzmarktexperte Peter Brezinschek nennt die Gründe für die seiner Meinung nach „phänomenale Performance“ der Wiener Börse. Die hartnäckige Wachstumsschwäche der österreichischen Wirtschaft sei für die Börse weniger relevant. Vielmehr erwirtschaften die börsenotierten Großunternehmen ihre Gewinne vor allem im osteuropäischen Ausland, wo das Wachstum wie etwa in Polen drei Mal so hoch ist. Dazu komme der spezielle Mix im ATX, der durch die drei starken Bankenwerte RBI (+91 Prozent), Erste Group (+69,5 Prozent) und Bawag (+55,7 Prozent) sowie den beiden Versicherungskonzerne Vienna Insurance Group (+115,8 Prozent) und Uniqa (+95,2 Prozent) dominiert werde. Starke Banken Finanzwerte haben 2025 auch international zu den stärksten Aktien gehört, für Erste und RBI spiele auch die Wiederaufbau-Fantasie bezüglich der Ukraine eine positive Rolle. Zudem sei der ATX in seiner Bewertung seit 2020 nicht teurer geworden, sondern wäre parallel zum Gewinnwachstum der Unternehmen gestiegen. Insofern ist der Experte auch für 2026 optimistisch. Eine normale Marktkorrektur sei immer möglich. „2025 ist wahrscheinlich nicht wiederholbar, aber Angst vor großen Rückschlägen braucht man nicht zu haben. Ich sehe keinen Grund, warum der ATX einbrechen sollte“, sagt der langjährige Raiffeisen-Chefanalyst. Das zentrale Argument dafür lautet: In Wien fehlen mit wenigen Ausnahmen die exponierten großen Technologie-Werte, bei denen 2026 das größte Rückschlag-Potenzial gegeben ist. Daher, so Brezinschek: „Zehn Prozent dürften noch einmal drin sein, plus vier bis fünf Prozent inklusive der Dividenden.“ Ein weiterer „Booster“ für den ATX wäre die Einführung der KESt-Befreiung bei einjähriger Behaltefrist von Aktien. Diese Forderung von Brezinschek unterstützt auch Börsenchef Christoph Boschan . „Der geplante Generalpensionskassenvertrag ist sinnvoll umgesetzt ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, darf aber nicht zum Feigenblatt werden. Eine Rückkehr zur Behaltefrist für Wertpapiere oder ein steuerbegünstigtes Investitionskonto, wie es viele andere Länder bereits haben, wäre für die private Vorsorge entscheidender“, fordert Boschan.