Silvester ist’s, Bildungsbürger wissen es vielleicht, der Rest (wie der Autor) kann auf Wikipedia nachschauen oder oldfashioned im Brockhaus blättern: Es handelt sich um den Namenstag von Papst Silvester I. (gest. am 31. Dezember 335). So weit denken wohl nur die wenigsten heute zurück, ein Tag für Retrospektive ist Silvester aber allemal. War es ein gutes Jahr? War es privat besser als weltpolitisch? Oder gar schlechter? Was sollte/müsste sich ändern? Und kann ich etwas beitragen? Die persönliche Bilanz möge jeder selber ziehen. Die politische wird seit Tagen allerorts gezogen. Nicht viel übrig bleibt jedoch, wenn man all die Gedenken bilanziert, die für dieses Jahr ausgerufen wurden. 2025 war das Jahr, in dem sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal jährte. Sind Ihnen diesbezüglich viele Veranstaltungen im Gedächtnis geblieben? Was man jedenfalls, unabhängig vom Gedenkjahr, gelernt hat: Krieg ist leider nicht nur etwas für das Museum, sondern wieder einmal sehr konkret. Man hat sogar die Befürchtung, dass er näher kommt, trotz des vermeintlichen Friedensapostels im Weißen Haus. 2025 war auch das Jahr, in dem des 1955 unterzeichneten Staatsvertrages gedacht wurde. Als „70 Jahre Freiheit“ wurde das von der Regierung propagiert. Wurde während des Jahres ein besonderes Bewusstsein dafür geschaffen? Das darf man in Zweifel ziehen. 2025 war auch jenes Jahr, in dem an die Ausrufung des Nationalfeiertages vor 60 Jahren erinnert werden sollte. Die Menschen haben am 26. Oktober immerhin noch frei, aber sonst? Wie ist es um das Bekenntnis zur Nation Österreich bestellt? Was bedeutet heute Patriotismus? Wie geht eine heterogener werdende Gesellschaft damit um? Haben Sie das Gefühl, dass groß darüber diskutiert wurde? 2025 brachte auch den 30. Jahrestag des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union. Wurde das ernsthaft analysiert? Oder wird die EU, die in Anbetracht der weltpolitischen Krisen besonders wichtig wäre, nicht weiterhin von Zündlern als Projektionsfläche missbraucht? Das Gedenkjahr 2025 war eines der vergebenen Chancen, was wohl auch damit zu tun hat, dass sich niemand zuständig zu fühlen schien. Die Regierung kam erst dieses Jahr ins Amt. Und der Nationalratspräsident ließ im Parlament den Nazi Dinghofer hochleben, anstatt sich ernsthaft um die republikanischen Meilensteine zu kümmern. Sehr enttäuschend verlief übrigens auch das Johann-Strauss-Jahr, aber das können die Wiener Philharmoniker mit dem Neujahrskonzert ein wenig ausbessern. Prosit Neujahr, werden die Musiker im Fernsehen wünschen. Wir wünschen vorerst einen schönen Silvesterabend! Und dann: Auf ein friedvolles Miteinander im neuen Jahr!