Skandal in Argentinien: Javier Milei wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck

Javier Milei hatte sich gerade so richtig in Rage geredet. „Nieder mit dem Kirchnerismus“, also der von ihm verhassten linken Vorgängerregierung, brüllte Argentiniens Präsident bei einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch. „Nie wieder!“, skandierten seine Anhänger, während sich das Präsidentenauto in der Stadt Lomas de Zamora in der Provinz Buenos Aires den Weg durch die Massen bahnte. Milei war eigentlich dort, um seinem libertären Kandidaten für die bevorstehende Kommunalwahl am 7. September den Rücken zu stärken. Doch plötzlich geriet die Situation außer Kontrolle: Steine und andere Gegenstände flogen dem Staatschef und seiner Schwester, die neben ihm stand und in die Menge winkte, um die Ohren, es kam zum Handgemenge, Milei musste den Platz fluchtartig verlassen – unverletzt. Korruptionsskandal erschüttert sein Umfeld Zuvor hatte er sich erstmals zu dem Korruptionsskandal geäußert, der derzeit sein Land erschüttert. So wurden vor wenigen Tagen Audioaufnahmen publik, in denen Diego Spagnuolo , ein enger Vertrauter Mileis und Leiter der nationalen Behindertenagentur, über mutmaßliche Schmiergeldzahlungen von Pharmaunternehmen spricht, um sich staatliche Aufträge zu angeln. Die Rede ist von bis zu 800.000 Dollar pro Monat, um den der Staat betrogen werden soll. Ein Teil davon soll direkt an Karina Milei , die Schwester des rechtspopulistischen Präsidenten, fließen. Die Vorwürfe treffen Milei ins Mark. So hatte sich der Rechtspopulist eigentlich auf die Fahnen geschrieben, mit der politischen und wirtschaftlichen „Kaste“ Argentiniens abzurechnen, der er vorwirft, im großen Stil öffentliche Mittel zum eigenen Vorteil auszubeuten. Nun wird genau das seinem engsten Umfeld zur Last gelegt – und das mitten im Wahlkampf in Buenos Aires und vor den wichtigen Zwischenwahlen im Oktober , wenn Teile von Kongress und Senat gewählt werden. Dabei sah es lange Zeit eigentlich gut aus für den „Anarchokapitalisten“, der seiner Wut auf den Staat gerne mit der Kettensäge Ausdruck verleiht: Die Inflation ist seit seinem Amtsantritt im Dezember 2023 massiv gesunken, von 118 Prozent Ende 2024 auf 37 Prozent im Juli 2025. Im vergangenen Jahr erzielte Argentinien nach 14 Jahren erstmals einen Budgetüberschuss und für heuer wird ein Wachstum von 5,2 Prozent prognostiziert. Widerstand wächst Doch erst im Juli geriet die Wirtschaft wieder ins Straucheln: hohe Zinsschwankungen, ein massiver Wertverlust des Pesos. Nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe brachen dann die argentinischen Märkte ein. Und Milei droht nun, den großzügigen Vertrauensvorschuss, den ihm die argentinische Bevölkerung gegeben hat (obwohl sie seine radikale Schocktherapie am eigenen Leib spürt), verspielt zu haben. Laut Umfragen liegt seine Zustimmung erstmals unter 40 Prozent. Hinzu kommt, dass die Opposition nach eineinhalb Jahren aus ihrer Schockstarre erwacht ist und zuletzt einige Erfolge für sich verbuchen konnte. So überstimmte sie erstmals einige von Mileis Vorhaben im Parlament, etwa radikale Einschnitte im Sozial-, Kultur- und Gesundheitsbereich. Der Rechtspopulist geht indes auf Attacke. Korruptionsvorwürfe weist er vehement von sich, spricht von manipulierten Tonaufnahmen, Lügen und „Chaos“, das die Opposition gezielt säe. Auch für die Attacken in Lomas de Zamora machte er die „Anhänger des Kirchnerismus“ verantwortlich.