Übergriffe in Wien: Pita mit Hummus, Falafel und einer Prise Nahostkonflikt

Von Johanna Worel Zwischen Straßenbahnen und den Menschenströmen am Schottentor riecht es nach Hummus und frisch gebackener Pita. Hier betreiben Nikolaus Haupt und Daniel Moisejew seit vier Jahren ihren Streetfood-Stand „ Taïm – Israeli Streetfood “. Doch seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist der Imbiss für die beiden nicht mehr nur ein Ort für schnellen Genuss. Politik mischt sich in ihren Alltag – und der Name ihres Lokals sorgt immer wieder für Kritik. Traditionen vermischen sich „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es hat uns nicht beeinflusst“, sagt Moisejew. Viele Gäste verstünden nicht, dass Taïm als israelisches Lokal nicht automatisch für den Staat Israel und gegen Palästina stehe. Immer wieder hören sie Vorwürfe – etwa, dass Hummus oder Falafel gar nicht israelisch seien, sondern arabisch oder palästinensisch. „Dieses Essen gehört zur Kultur des gesamten östlichen Mittelmeerraums, der Levante – einer Region, in der seit Jahrhunderten arabische, jüdische und mediterrane Traditionen zusammenkommen“, erklärt er. Authentizität als Antwort Ihre Antwort auf die Anfeindungen ist Authentizität. Moisejews Familie stammt aus Israel, das Wissen um die Küche hat er von klein auf mitbekommen. Einige ihrer Zutaten wie Pitas oder  Mangosoße importieren sie direkt von dort, die Falafel-Mischung stellen sie nach eigenem Rezept selbst her. „Wir wollten ein Stück Tel Aviv nach Wien bringen“ , sagt Moisejew. Eine bekannte israelische Opernsängerin erzählte den beiden sogar, dass sie ihre Eltern bei Wien-Besuchen immer zu Taïm führe – „weil es dort wirklich wie zu Hause schmeckt“. Konto gesperrt Wie schnell selbst ein kleiner Imbissstand unter Druck geraten kann, haben Haupt und Moisejew vor wenigen Wochen erlebt: Ihr Google-Account wurde deaktiviert – offenbar, weil das Konto des Lokals massenhaft gemeldet wurde. Für die beiden ein weiteres Beispiel dafür, wie schwer es geworden ist, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: das Essen. „Natürlich können und wollen wir uns nicht völlig heraushalten“, sagt Moisejew. „Aber unser Ziel ist es, mit unserem Essen Brücken zu bauen.“ Denn so wie sich in der Levante über Jahrhunderte verschiedene Traditionen vermischt haben, kreuzen sich auch am Schottentor täglich die Wege der verschiedensten Menschen. Studenten, Pendler, Touristen – sie alle können hier zwischen Straßen- und U-Bahnen zu einer Pita greifen. In diesem alltäglichen Chaos wollen Haupt und Moisejew zeigen, dass Kulinarik verbinden kann, auch wenn die Politik Gräben zieht. Jüdisches Museum Seit 1. Mai 2024 betreiben die beiden außerdem das Café im Jüdischen Museum. „Wir haben es zu einer schwierigen Zeit übernommen“, sagen sie. Nach dem Hamas-Angriff verzeichnete das Museum einen deutlichen Besucherrückgang. der die Besucherzahlen auf unter 100.000 fallen ließ, im Vergleich zu einem früheren Rekord von 144.000 Besuchern im Jahr 2019 – „das wirkt sich natürlich auch auf uns aus“. Trotz alle dem ist es den beiden wichtig ihrer Botschaft treu zu bleiben: „Food, Love und Peace.“