Wenn nächstes Jahr der Eurovision Songcontest (ESC) in Wien über die Bühne geht, dann sind alle Augen auf die Wiener Stadthalle gerichtet. Sie ist der Austragungsort der Eröffnungsfeier, der beiden Semi-Finale sowie des großen Finales am 16. Mai. In der Stadthalle ist die Aufregung schon jetzt, knapp neun Monate vorher, groß. Weniger wegen des Großevents per se, sondern wegen der internen Wellen, die es schlägt: Rechtzeitig vor dem (und für den) ESC wird der alleinige Geschäftsführer der Stadthalle, Matthäus Zelenka , entmachtet. Die Stadthalle sucht seit Kurzem via Head Hunter und Stellenausschreibung einen „operativen Geschäftsführer“, der Zelenka zur Seite gestellt (oder besser gesagt: vorgesetzt) wird. Damit zeigt sich erstmals die politische Handschrift der neuen roten Wirtschaftsstadträtin Barbara Novak . In ihr Ressort fällt die Wien Holding, zu der die Stadthalle gehört. Dass Novak – wie berichtet – in der städtischen Holding aufräumen wird, war zu erwarten. Jetzt geht es schneller als gedacht. Doch der Reihe nach. Tatsächlich läuft es in der Stadthalle – mit bis zu 16.000 Plätzen das größte Veranstaltungszentrum des Landes – seit geraumer Zeit nicht rund. Und das liegt, wenn man langgedienten Mitarbeitern Glauben schenkt, in erster Linie an Geschäftsführer Zelenka und seiner Vertrauten Denise Fürhacker , die er zur Prokuristin machte. Vorgeworfen wird Zelenka nicht nur ein zweifelhafter Führungsstil, der bei seiner Belegschaft für Missstimmung sorgt. Er sei cholerisch und dulde keinen Widerspruch, erzählt man sich – der KURIER hat berichtet – seit Langem. "Keine Ahnung vom Geschäft" Hinzu kommt, dass Mitarbeiter und Branchenkenner dem Stadthallen-Chef die fachliche Eignung absprechen: Er habe schlicht „überhaupt keine Ahnung vom Geschäft“, ist etwa zu hören. Und das ist noch einer der zurückhaltenderen Kommentare. Kritisiert wird etwa Zelenkas unverständliche und rigide Kündigungspolitik. Auch mit dem kostenintensiven Bau einer „Business Lounge“ (also eines Seminarzentrums im Turm der Stadthalle) habe er sich verkalkuliert, heißt es. APA/HANS KLAUS TECHT Stadthallen-Chef Matthäus Zelenka steht in der Kritik. Dass die Stadtregierung nun die Notbremse zieht, hat zwei Gründe. Zum Ersten wäre da die Entscheidung von ORF -General Roland Weißmann , den Song Contest in Wien zu veranstalten. Schon in ersten Abstimmungen mit dem ORF seien Zelenka schwere Fehler passiert, ist von mehreren Seiten zu hören. In einer Zeit, in der die Planungen bereits auf Hochtouren laufen müssen, ist das problematisch. „Den Song Contest schafft Zelenka nicht“, ist man in Stadt-nahen Kreisen überzeugt. Diese Warnungen sollen auch die Stadträtin erreicht haben, die Zelenka offenbar schon länger unter Beobachtung hatte. APA/GEORG HOCHMUTH Stadträtin Barbara Novak hat in der Holding einiges zu tun. Die Bestellung von Novak ist sodann auch der zweite Grund dafür, dass nun durchgegriffen wird. 70 Unternehmen und ein paar Baustellen Zuvor war Peter Hanke , der mittlerweile als Infrastrukturminister in der Bundesregierung sitzt, für die Wien Holding zuständig. Er hat in dem Stadt-eigenen Mega-Konzern, der rund 70 Unternehmen (darunter die Wiener Sportstätten und der Wiener Hafen) unter einem Dach vereinigt, so manch personelle Baustelle hinterlassen. Das ist wohl nicht zuletzt Hankes persönlichem Naheverhältnis zur Holding geschuldet: Er war vor seiner Zeit als Stadtrat selbst 16 Jahre lang Geschäftsführer der Holding. In diesem Job folgte ihm 2018 Kurt Gollowitzer , der wiederum zuvor Co-Geschäftsführer der Stadthalle war. Als der Unmut über Gollowitzer (und andere Manager von Holding-Betrieben) in den vergangenen Jahren merklich stieg, zögerte Hanke. Von Novak erwarten sich nun viele im Holding-Umfeld, dass sie „den Sumpf“ trockenlegt. Mit der Bestellung eines „operativen Geschäftsführers“ für die Stadthalle geht sie den ersten Schritt. Während Zelenka, als die Ausschreibung offiziell wurde, in einem internen Mail an die Mitarbeiter von einer bloßen „Verstärkung der Geschäftsführung“ spricht, lässt man im Rathaus durchblicken, dass es um mehr geht: Zelenka wird in relevanten Bereichen hinter den Neuen (oder die Neue) zurücktreten müssen. "Er ist einfach kein Medienmensch" In der Ausschreibung ist vermerkt, dass der neue Geschäftsführer nicht nur die „Verantwortung für den ESC“ trage, sondern „für alle operativen und veranstaltungstechnischen Belange“ sowie für die Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie, für Öffentlichkeitsarbeit und die Motivation und Führung der Mitarbeiter zuständig sei. Vor allem die Kommunikation nach außen wolle man Zelenka nicht mehr überlassen, ist zu hören. „Er ist einfach kein Medienmensch.“ Wie es mit Zelenka weitergeht, ist noch unklar: Tatsächlich wird er seinen Posten vorerst wohl behalten; sein Vertrag läuft bis 2027. Bevor Zelenka (der übrigens von Wien Ticket kam, das – man ahnt es fast – ebenfalls zur Holding gehört) 2024 zum Alleingeschäftsführer aufstieg, stand an der Spitze stets ein Duo. (Neben dem umstrittenen Gollowitzer werkte, man erinnert sich, einst etwa der streitbare Wolfgang Fischer , der heute Chef bei der DDSG ist.) Dass die Holding den zweiten Geschäftsführerposten einsparte und das Vier-Augen-Prinzip abschaffte, sorgte bereits damals, 2023, für Irritation. Rechnungshof rügte "Stolz auf Wien" Unmut gab es zuletzt übrigens auch rund um ein weiteres Unternehmen der Wien Holding: die „Stolz auf Wien“ -Beteiligungs-GmbH. Sie wurde 2020 gegründet, um durch Corona in Not geratene Unternehmen vor der Pleite zu retten. Dabei ging einiges schief, wie nicht nur Wiener FPÖ und ÖVP bereits damals bemängelten. Der Rechnungshof rügte in einem aktuellen Bericht nun ebenfalls: Er wirft „Stolz auf Wien“ unter anderem Intransparenz und die eher großzügige Auslegung der eigenen Auswahlkriterien vor. ( Der KURIER hat berichtet. ) "War das erste Hilfspaket dieser Art" In der Wiener Stadtregierung schwieg man sich zum Bericht sicherheitshalber aus. Die Wiener Wirtschaftskammer, die an der GmbH beteiligt ist, ließ eine KURIER-Anfrage unbeantwortet. Der damals als Stadtrat zuständige Peter Hanke verteidigt das Projekt: Es sei „das erste Hilfspaket dieser Art gewesen“, sagt er – nunmehr als Minister – auf Anfrage. „Es konnten Hunderte Jobs gesichert und Unternehmen gerettet werden.“ Auch „Stolz auf Wien“ selbst meldete sich und weist die Vorwürfe des RH zurück. Die Entscheidungen seien „dokumentiert, im jeweiligen Kontext nachvollziehbar und in Abstimmung mit den Investoren erfolgt“. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass die Holding erneut nicht schuldlos sei: Sie habe „eine gute Idee schlecht umgesetzt“. Oder, wie es mit der Materie Befasste auf gut Wienerisch ausdrücken: „Wenn man der Holding beim Arbeiten zusieht, steigen einem die Grausbirnen auf.“