Österreichs Arbeitsmarkt steuert auf eine „demografische Zeitbombe“ zu. Erstmals gibt es mehr unselbstständig Beschäftigte über 60 Jahre (229.000) als unter 24 Jahre (199.545). Dadurch steigt auch die Arbeitslosigkeit bei der Gruppe der über 50-Jährigen derzeit doppelt so stark wie die allgemeine. Und in den nächsten Jahren gehen Tausende „Babyboomer“ in Pension und hinterlassen eine Fachkräfte-Lücke. Bekannte Tatsachen, die offenbar in der Bevölkerung angekommen sind, nicht jedoch in den Köpfen vieler Arbeitgeber, die nach wie vor zögerlich bei der Neueinstellung von Älteren sind. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage von marketagent im Auftrag der Linzer Personalberatung Seher+Partner hervor. Sabine Starmayr Susanne Seher und Helga Töpfl von Seher+Partner Demnach sind sechs von zehn Österreichern (61,5 Prozent) davon überzeugt, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund ihres Know-hows gefragt sind und Unternehmen von ihren Erfahrungen und ihrer Kompetenz profitieren. Am stärksten ist diese Ansicht freilich bei den „Babyboomern “ (73,5 Prozent) selbst vertreten, während in der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen nur 15,5 Prozent davon überzeugt sind. Ein Drittel der Befragten glaubt, dass durch die vermehrte Anstellung älterer Arbeitnehmer der Fachkräftemangel behoben werden könnte. Auch gemischte Teams von unterschiedlichen Altersgruppen werden als positiv bewertet. Zahlreiche Vorurteile im Kopf Die Personalberaterinnen orten noch immer zahlreiche Vorurteile in den Köpfen der Arbeitgeber bzw. deren Personalverantwortlichen. „Wir erhalten vermehrt Bewerbungen von Menschen über 50 Jahre. Die Bereitschaft der Unternehmen, diese einzustellen, fehlt allerdings leider noch“, fasst Susanne Seher , geschäftsführende Gesellschafterin von Seher+Partner zusammen und möchte Vorurteilen Vorzüge entgegenhalten. Seher + Partner ist auf die Vermittlung von Führungs- und Spezialistenpositionen im Handel und der Konsumgüterindustrie spezialisiert und hat zwei Standorte in Wien und Linz. Langjähriges Wissen und Erfahrung etwa und die bei den meisten durchaus vorhandene Bereitschaft, etwas Neues zu lernen, spreche für die über 55-Jährigen. Dass Ältere schwieriger zu kündigen seien als jüngere, halte sich ebenfalls hartnäckig in den Köpfen, obwohl der Kündigungsschutz schon vor Jahren de facto abgeschafft wurde und nur bei langer Betriebszugehörigkeit und geringem Einkommen ein Thema ist. Tatsächlich gebe es nur sehr wenige strittige Kündigungen. Und auch die Bereitschaft zu Gehaltseinbußen sei in der Praxis durchaus vorhanden, doch viele Bewerberinnen und Bewerber würden nicht einmal zu einem Gespräch eingeladen. Andere Arbeitseinstellung Ohne pauschalieren zu wollen, aber die jüngere Generation würde privat und Arbeit viel strikter trennen als die Generation 55plus, wo eher ein „fließender Übergang“ gelebt werde, argumentiert Seher. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung im Job sei hier stärker ausgeprägt. „Der Wunsch nach Teilzeit, ohne dass dahinter Betreuungspflichten stehen, wird definitiv von den jüngeren öfter geäußert als bei Älteren“, weiß die Personalexpertin. Studien zeigen, dass der größte Teilzeitanstieg derzeit bei kinderlosen jungen Männern erfolgt - wenn auch auf niedrigem Niveau. „Da geht es oft darum, Hobbys intensiver ausleben zu können“. Wer Personal sucht, müsse sich auf die neuen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt einstellen und flexible Arbeitszeiten anbieten. Bei Bürojobs sei die Homeoffice-Möglichkeit mittlerweile Standard, zumindest an einem Tag in der Woche. „Um Ältere länger in Beschäftigung zu halten oder ihnen eine neue Chance zu geben, braucht es noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit “, resümiert Helga Töpfl , Co-Geschäftsführerin bei Seher+Partner . Und noch etwas sei wichtig angesichts der demografischen Entwicklung. „Es gibt vier Generationen am Arbeitsmarkt, die müssen alle zusammenhalten und sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.“