"Ein großer Tag, ein Ehrentag, ein heil'ger Tag", sagt Nikolaus Bachler, der künstlerische Leiter der Salzburger Osterfestspiele, den "Rosenkavalier" zitierend. Im Libretto von Hugo von Hofmannsthal freut sich Faninal auf die bevorstehende Verehelichung seiner Tochter Sophie mit Octavian (zu der es erst nach unzähligen Verwirrungen und Verwechslungen kommt). Im Fall der Osterfestspiele handelt es sich nicht um eine Hochzeit zweier junger Menschen, sondern um eine Rückkehr von Abtrünnigen zu ihren Wurzeln, also eine Art zweite Hochzeit nach jahrelangen Alleingängen der beiden Partner. 2013 war es, da kehrten die Berliner Philharmoniker Salzburg den Rücken und suchten ihr Glück in Baden-Baden: nach einem Finanzskandal, der das Festival erschüttert hatte und in dessen Mittelpunkt der damalige Geschäftsführer Michael DeWitte sowie der ehemalige Technische Leiter der Salzburger Festspiele, Klaus Kretschmer, gestanden waren. Es ging um Untreue, um selbst ausbezahlte Provisionen, um einen Millionenschaden, jahrelang wurde prozessiert und am Ende jeweils eine mehrjährige Haftstrafe ausgesprochen. Christian Thielemann folgte mit der von ihm geleiteten Sächsischen Staatskapelle Dresden auf die Berliner Philharmoniker (bis 2022), in den vergangenen Jahren gab es wechselnde Orchester. Sowohl künstlerisch als auch bei den Kartenverkäufen (zuletzt war es wesentlich leichter als zuvor, Tickets für das Elitefestival zu bekommen) sehnten sich viele nach einer Rückkehr der Berliner, darunter definitiv Nikolaus Bachler, wie er am Montag bestätigte. "Ich hatte für die Osterfestspiele immer die Berliner Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko im Kopf. Sie sind das Spitzenorchester auf der Welt und nun mit Oper wieder exklusiv in Salzburg zu erleben. Ich freue mich riesig, dass das gelungen ist." Zweieinhalb Jahre wurde darüber verhandelt, er selbst sieht diesen Schritt aber nicht als Rückkehr: "Kunst ist immer neu und aktuell, wir schlagen ein völlig neues Kapitel auf." Trotzdem ist es ein Zurück zu den Wurzeln. Die Osterfestspiele wurden 1967 von Herbert von Karajan für seine Berliner Philharmoniker, die er damals geleitet hatte, gegründet, auch als Gegenpol zu den Bayreuther Festspielen. Eröffnet hatte Karajan seine Festspiele mit Richard Wagners "Ring", allerdings nicht mit "Rheingold" im ersten Jahr, sondern mit der "Walküre". Bei der Heimkehr steht nun neuerlich Wagners Tetralogie auf dem Programm, in der korrekten Reihenfolge und insgesamt über fünf statt über vier Jahre erstreckt. Nach "Rheingold" 2026 und "Walküre" 2027 gibt es nämlich zwischendurch Schönbergs "Moses und Aron", was dem Chefdirigenten Kirill Petrenko besonders wichtig war. "Das ist ein totales Festspielstück, das ich noch nie zuvor dirigiert habe", sagte er bei der Präsentation. "Und es ist eine wichtige Botschaft in Richtung unserer Zeit." Dass er nun wieder mit Bachler zusammenarbeitet, freut Petrenko besonders. "Es ist für mich ein Coming Home nach Österreich." Hier hat er, nachdem er als 18-Jähriger von Russland nach Wien kam, zunächst beim Symphonieorchester Vorarlberg begonnen und wurde später von Bachler an die Volksoper engagiert. In München machte ihn Bachler dann zum Generalmusikdirektor. "Damals hat er mich überredet", sagt Petrenko. Jetzt, für die dritte Zusammenarbeit, habe es keine große Überredungskunst gebraucht. Die Salzburger Osterfestspiele sieht er als "Highlight meines künstlerischen Daseins". Als ihn die Berliner zu ihrem Chef gewählt hatten, wäre er "völlig überrascht gewesen". Nun wird er zum dritten Mal den "Ring" dirigieren, nach seinen Anfängen in Meiningen und dem Triumph in Bayreuth, wo Frank Castorf Regie führte. Die Sänger in Salzburg sind größtenteils "Ring"-Debütanten, etwa Christian Gerhaher als Wotan. Leigh Melrose ist der Alberich, Brenton Ryan der Loge, Catriona Morison die Fricka. Inszenieren wird Kirill Serebrennikov, der eine Geschichte über verschiedene Kulturen auf verschiedenen Kontinenten erzählen will. "Ich habe das postapokalyptische Afrika im Winter gesucht und in Island gefunden", sagt er. Dort nehme die Geschichte mit Alberich ihren Ausgangspunkt. Um drei G-Worte werde sich dieser "Ring" drehen: "Gesamtkunstwerk, Gemeinschaft, Grenzenlosigkeit." Serebrennikov freut sich auch über die Ort der Stattfindung: in der Felsenreitschule. "Mit den Steinwänden ist das etwas ganz Besonderes." So einen "Ring" habe es noch nie gegeben. Allerdings finden in der Felsenreitschule mit 1400 Besuchern wesentlich weniger Platz als im Großen Festspielhaus. Wodurch Sponsoren noch wichtiger werden. Dass neben VW nun auch Air Qatar die Osterfestspiele unterstützt, ist für Bachler kein Widerspruch zu den humanitären Ansprüchen des Festivals und keine Weißwaschung des Landes: "Qatar war in letzter Zeit der wichtigste Friedenverhandler der Welt." Er habe dort Offenheit und Neugierde erlebt. Außerdem sei Kunst ein wichtiger Kanal der internationalen Verständigung.