Von: Susanne Zobl Die meteorologischen Bedingungen passten sich am vergangenen Sonntag in Grafenegg der Besetzung an. Pünktlich zum Konzertbeginn tauchte die Abendsonne den Wolkenturm in ein warmes, leuchtendes Licht. Ein ideales Setting für zwei herausragende Musikerinnen, wie die Dirigentin Mirga Gražinyte-Tyla und ihre Solistin, die Cellistin Julia Hagen. Mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France führten sie Edward Elgars Cello-Konzert in e-Moll auf. Das Werk zählt zu den forderndsten und den schönsten seiner Gattung. Expressiv gab Hagen den düsteren Auftakt. Sie agierte in absoluter Harmonie mit dem Orchester, fließend übernahm dieses das Hauptthema. Hagen tauchte in ihr Spiel ein, intonierte die kantablen Passagen ganz verinnerlicht. Melancholisch brachte sie ihr Instrument zum Singen. Die schroffen Attacken spielte sie mit Zurückhaltung. Im langsamen Satz ließ sie mit dem Orchester den Schmerz des Komponisten über die Katastrophe des Ersten Weltkriegs zur tiefsinnigen Musik werden. Das Aufbäumen im Finalsatz intonierte sie dezent. Mit einer Zugabe erwiderte sie die Akklamationen des Publikums. Der zweite Teil des Programms war einer Musik gewidmet, die zum Kernrepertoire dieses ausgezeichnet disponierten Orchesters gehört. Bei Claude Debussys sinfonischen Skizzen „La Mer“ demonstrierte die Dirigentin, wie man mit Genauigkeit ein impressionistisches Klanggemälde wirken lassen kann. Mit kühler Eleganz intonierte sie das Glitzern des Meeres. Auch bei den Sequenzen, die das bedrohliche wuchtige Wogen der Wellen zum Klingen bringen, setzte Gražinyte-Tyla auf Akkuratesse. Von höchster Präzision und Transparenz war auch ihr Dirigat von Maurice Ravels „Bolero“ geprägt. Das war orchestrale Feinmechanik. So elegant hört man dieses populäre Stück selten. Eine Zugabe und viele Bravos. KURIER-Wertung: 4 Sterne (von 5)