PORR Campus Leiter: „Viele wissen nicht, was sie im Job erwartet“

Seit Jänner 2025 leitet Harald Schuh den PORR Campus – die sogenannte vierte Säule der Lehrlingsausbildung des Bauunternehmens, neben der Bauakademie, der Berufsschule und der Baustelle selbst. Wie man Lehrlinge findet und was er in der Ausbildung verändern möchte, erklärt er im KURIER-Gespräch. KURIER: Herr Schuh, Sie sind Leiter des PORR-Campus – welche Schwerpunkte wollen Sie setzen und was soll sich ändern? Harald Schuh: Der Bau steckt voller Neuerungen, verändert sich laufend, und das muss sich in der Ausbildung niederschlagen. Die Nachhaltigkeit und Digitalisierung spielen bei Lehrlingen eine zunehmende Rolle: Anders als noch vor zehn Jahren werden etwa auf den Baustellen Apps eingesetzt. Und letztlich – und das ist mir persönlich wichtig – spielt unabhängig von der Branche bei jungen Menschen heute die Persönlichkeitsbildung eine Rolle. Da geht es u. a. um den Umgang mit der eigenen Gesundheit und den Finanzen. Wir merken, dass es Defizite gibt und bemühen uns, aufzuklären und Perspektiven zu bieten. PORR Harald Schuh, Leiter des PORR Campus, über die Lehrlingsausbildung des Bauunternehmens. Wie wollen Sie junge Menschen für die Bau- und Technikbranche begeistern? Das Schöne an unserer Branche ist: Jedes Bauprojekt ist ein Unikat. Diese Freude, ein Werkstück geschaffen, ein Bauprojekt umgesetzt zu haben, stolz zu sein auf sich selbst und auf das Team – das wollen wir vermitteln. Mein Eindruck ist, dass viele Jugendliche gar keine Vorstellung haben, was sie im Arbeitsleben erwartet. Sie erwarten also von uns eine Ersteinschulung. Unsere Aufgabe am Campus ist es ja auch, sie auf die Realität des Bauberufs vorzubereiten. In welchen Bereichen werden aktuell Lehrlinge gesucht? Wir stellen laufend Lehrlinge aus allen Bereichen ein – auch, um unseren eigenen Nachwuchs an Fach- und Führungskräften zu sichern. Jährlich suchen wir etwa 150 Lehrlinge in 23 Lehrberufen. Tiefbauer ist derzeit der bei uns am häufigsten gewählte Berufszweig. Ich denke, dass gerade die großen Geräte wie die Fertiger und Tunnelbohrmaschinen eine große Anziehungskraft ausüben. Ist eine klassische Lehre Ihrer Meinung nach noch attraktiv genug, oder braucht es neue Ansätze? Im Bauwesen kommt man am Fundament der klassischen Lehre nicht vorbei. Uns ist es wichtig, diese attraktiv zu gestalten und mit breiteren Angeboten zu ergänzen. Uns geht es am Campus nach wie vor darum, Baufacharbeiter und Baufacharbeiterinnen mit möglichst umfassenden fachlichen Kenntnissen und einer größtmöglichen Bandbreite an praktischen Fähigkeiten auszubilden. Das bedeutet, dass unsere Lehrlinge lernen, viele sehr unterschiedliche Tätigkeiten durchzuführen. Zum Beispiel lernt ein Tiefbauer, der im Straßenbau tätig ist, heute auch Maurertätigkeiten. Diese Vielseitigkeit wird immer wichtiger. Die Zeiten, in denen Hyperspezialisten in nur einem Bereich ausgebildet wurden, sind lange vorbei.