Es pressiert: Die EU- und UN-Klimaziele und was sie kosten

Die Zeit drängt: In knapp zwei Wochen wird ÖVP-Umweltminister Norbert Totschnig erstmals mit seinen EU-Kollegen im EU-Ministerrat über das europäische Klimaziel für 2040 sprechen. Was sich nach „noch weit weg“ anhört, pressiert in Wahrheit: Nur eine Woche später muss die EU an die UNO das Klimaziel für 2035 bekannt geben, das unmittelbar mit dem 2040er-Ziel korreliert. Zur Erklärung: Bekanntlich haben die EU-27 längst ein fixiertes Klimaziel für 2030 , dass da lautet: Insgesamt will die EU um 55 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 2005 (Basisjahr). Für 2040 liegt seit Juli ein Vorschlag der EU-Kommission vor, der da heißt: Minus 90 Prozent im Vergleich zu 2005. Das Ziel für 2035, das bis zum 24. September beim Sekretariat der UN-Klimarahmenkonvention einlangen muss, ergibt sich für die Europäer aus der Verbindung der beiden Zahlen. Damit heißt der Zielwert minus 73 Prozent . Der große „Vorteil“ am UNO-Ziel für 2035: Anders als die 2030- und 2040-Ziele der EU, die ja in Gesetze gegossen werden, sind die UN-Ziele weder einklagbar noch können Pönalen daraus resultieren. Es ist also – fast – egal, was wir an die UNO melden. Nicht egal sind aber die Verhandlungen für das 2040-Ziel – und da kommt Österreichs Minister Totschnig wieder ins Blickfeld. Beim 2040er-Ziel wird längst in den EU-Hauptstädten wild gestritten – einerseits über das Ziel selbst, weil minus 90 Prozent in nur 15 Jahren einigen Staaten unerreichbar hoch erscheint. Andererseits geht es um die Frage, ob die Staaten einen Teil der Emissionsreduktion über Emissionszertifikate vulgo Verschmutzungsrechte erreichen dürfen. Die EU-Kommission hat nicht geklärt, wie das mit den Emissionszertifikaten aussehen könnte und wie viele Zertifikate erlaubt werden. Nachfragen von EU-Abgeordneten konnte die EU-Kommission bisher ausweichen. 430 Millionen Tonnen CO 2 Das Online-Portal Politico deckte am Montag auf, dass es dazu sehr wohl Berechnungen der EU-Kommission gibt, die den EU-Mitgliedstaaten vorgelegt wurden. Je nachdem, wie man die Regeln auslegt, soll den Mitgliedstaaten erlaubt werden, im Ausland Zertifikate in der Größenordnung von 140 bis 430 Millionen Tonnen CO 2 einzukaufen. Zum Vergleich: Österreichs emittiert derzeit knapp 66 Millionen Tonnen CO 2 pro Jahr. Aktuell liegt der EU-Preis für eine Tonne CO 2 bei 73 Euro – die Kosten für diese Zertifikate würden sich also zwischen 10 bis 31 Milliarden Euro bewegen, sofern die Europäer nicht viel billigere Zertifikate finden. „Jedes Gramm CO2, das wir bis 2040 nicht bei uns zuhause einsparen, wird uns zwischen 2040 und 2050 teuer zu stehen kommen“, wundert sich die EU-Abgeordnete Lena Schilling über das Vorgehen der EU-Kommission: "In Zeiten, in denen die Regierungen in Europa den Gürtel enger schnallen und auch Österreich den Rotstift ansetzen muss, wäre es doch besser, wenn wir in mehr öffentlichen Verkehr, erneuerbare Energien und Gebäudesanierung hier bei uns zu investieren, statt Milliarden für teure Zertifikate ins Ausland zu überweisen.“ Was Minister Totschnig plant, ist noch nicht klar – gegenüber dem KURIER hieß es nur, man bekenne sich zum Pariser Klimaziel, und das UN-Ziel 2035 werde derzeit national abgestimmt. Österreich musste schon einmal solche CO 2 -Zertifikate einkaufen, damals ging es um die Erfüllung der Kyoto-Klimaziele 2012. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund eine halbe Milliarde Euro.