Sieben Jahre Haft: Niederösterreicher betäubte und missbrauchte Partnerin

Sieben Jahre Haft: Niederösterreicher betäubte und missbrauchte Partnerin

"Dass über 20 Polizisten am 19. Februar vor ihrem Haus gestanden sind, hat sie mit voller Wucht getroffen. An diesem Tag ist eine Welt für sie zerbrochen. Sie hat eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Angststörung. Aber im Alltag muss sie funktionieren", sagte Opferanwältin Sonja Aziz im Schlussplädoyer über ihre Mandantin, eine zweifache Mutter. Diese hat etwas erlebt, das an die Französin Gisèle Pelicot erinnert: Sie wurde von ihrem Lebensgefährten betäubt, vergewaltigt und dabei gefilmt. Als der Angeklagte den Saal 14 im Korneuburger Landesgericht betrat, hielt er sich eine Mappe vors Gesicht. Er hatte Angst, selbst fotografiert oder gefilmt zu werden; das ist in Gerichtssälen jedoch verboten. Der 42-Jährige wurde beschuldigt, seine Lebensgefährtin Ende März 2014 vergewaltigt zu haben. Dabei habe er sie betäubt, mit ihr oralen, analen und vaginalen Geschlechtsverkehr gehabt. Anal und vaginal habe er ihr auch Gegenstände eingeführt. Das alles hielt er bildlich fest. Im selben Jahr sei es zu drei weiteren Vergewaltigungsversuchen gekommen: Er hatte seine Lebensgefährtin aber nicht ausreichend sediert und sie ist aufgewacht, als es zum Vergewaltigungsversuch kam. Woher der Staatsanwaltschaft das alles so genau wusste? Durch eine Online-Kommunikation mit einem Deutschen, in der der Angeklagte alles genau dokumentiert hatte - auch mit Filmen und Bildern. Angeklagter wollte sich im Chat mit Tat profilieren "Man kann nichts beschönigen", kündigte der Verteidiger an, dass sich sein Mandant schuldig bekennen werde. Da die Vorfälle mehr als zehn Jahre her seien, seitdem so etwas nicht mehr vorgekommen und der Angeklagte bisher unbescholten sei, bat der Jurist die Schöffen um ein mildes Urteil. Zudem habe sich sein Mandant in der Untersuchungshaft dazu entschlossen, eine Psychotherapie zu machen. Der 42-Jährige bekannte sich schuldig. Aber: Es stimme nur zum Teil, was ihm vorgeworfen wird. "Ich habe im Chat mehr geschrieben als tatsächlich stattgefunden hat, weil ich mich profilieren wollte", gab er auf der Anklagebank zu. So habe es lediglich zwei weitere Vergewaltigungsversuche gegeben. Richter Martin Bodner wollte zunächst wissen, wie der Angeklagte seine Lebensgefährtin kennengelernt hat: Die beiden waren noch keine 20, als sie zusammengekommen sind.  Schnell ist das Paar zusammengezogen, im Jahr 2006 haben sie sich ein Haus gekauft. Nach Schicksalsschlägen ins Internet geflüchtet Einige Jahre später war "familiär viel los", wie es der Angeklagte ausdrückte. Seine Lebensgefährtin war mit dem ersten Kind schwanger, hatte eine Schwangerschaftsvergiftung und das Kind kam im sechsten Monat auf die Welt. Der Vater des Angeklagten erkrankte an COPD, erhielt "mehr schlecht als recht" eine Lungentransplantation, entwickelte dann eine Schizophrenie, die die Familie belastete. "Meine Mutter machte einen Suizidversuch." All das spielte sich zwischen 2011 und 2013 ab. In vielen schlaflosen Nächten habe sich der Angeklagte ins Internet geflüchtet, er spielte Onlinespiel "und ich habe auch exotische Seiten konsumiert". Das Paar bekam noch ein zweites Kind. "Ab 2014 bis zu meiner Festnahme im Februar waren es die schönsten Jahre meines Lebens", schilderte er ein "total harmonisches" Familienleben. Als es darum ging, die Taten zu schildern, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da es um die höchstpersönlichen Lebensbereiche des Paares ging. Ebenso bei der Aussage des Opfers. Knapp zwei Stunden später hielt der Staatsanwalt sein Schlussplädoyer: Dass der Angeklagte sein Opfer bewusstlos gemacht habe, sei als massive Gewalt anzusehen. Außerdem sei der Angeklagte nach wie vor davon fasziniert, mit einer Frau in Ohnmacht Sex zu haben. Zudem habe er aktuell die Fantasie, einer Frau eine Ecstasy-Tablette in ein Glas zu werfen. "Chemische Unterwerfung" ist in Schlafzimmern angekommen "Wir müssen der Gesellschaft klar und deutlich zeigen, dass so etwas ein schweres Verbrechen ist", pochte der Staatsanwalt, das Strafmaß generalpräventiv anzusetzen. Möglich waren fünf bis 15 Jahre. In dieselbe Kerbe schlug Aziz, und fand deutliche Worte: "Die chemische Unterwerfung ist da angekommen, wo sich Frauen sicher fühlen: Daheim im Schlafzimmer an der Seite ihrer Partner." Dass der Angeklagte übertrieben und sich gegenüber dem Deutschen im Chat nur profilieren wollte, glaubte sie nicht: "Sie haben sich gegenseitig zu Inhalten in ihren Videos motiviert." Er habe sich selbst informiert, wie man Drogen zur Sedierung herstellen kann. Außerdem hätte er bereits mit 18 "Pornos mit solchen Inhalten" konsumiert. Der Verteidiger führte im Schöffenprozess einige Milderungsgründe an: Sein Mandant sei reumütig, geständig, bisher unbescholten. Zudem befinde er sich in Therapie. Sieben Jahre Haft Die Schöffen berieten nur elf Minuten und Richter Martin Bodner verkündete das Urteil: Schuldig. Der Angeklagte wurde zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, zudem muss er seiner ehemaligen Lebensgefährtin 10.120 Euro Schadenersatz zahlen. Der Angeklagte nahm das Urteil nicht an, es ist nicht rechtskräftig. Der Richter sprach von einer "besonderen Erniedrigung" gegenüber des Opfers. Der Angeklagte habe ein schweres Verbrechen begangen. "Sie haben das Vertrauensverhältnis massiv missbraucht." Außerdem sei der Angeklagte kein Arzt, die Medikation hätte noch schlimmer enden können. "Dass Sie in Therapie sind, ist gut, hilft dem Opfer aber nicht", sagte der Richter.

Niederösterreicher betäubte und missbrauchte Partnerin: Haftstrafe

Niederösterreicher betäubte und missbrauchte Partnerin: Haftstrafe

"Dass über 20 Polizisten am 19. Februar vor ihrem Haus gestanden sind, hat sie mit voller Wucht getroffen. An diesem Tag ist eine Welt für sie zerbrochen. Sie hat eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Angststörung. Aber im Alltag muss sie funktionieren", sagte Opferanwältin Sonja Aziz im Schlussplädoyer über ihre Mandantin, eine zweifache Mutter. Diese hat etwas erlebt, das an die Französin Gisèle Pelicot erinnert: Sie wurde von ihrem Lebensgefährten betäubt, vergewaltigt und dabei gefilmt. Als der Angeklagte den Saal 14 im Korneuburger Landesgericht betrat, hielt er sich eine Mappe vors Gesicht. Er hatte Angst, selbst fotografiert oder gefilmt zu werden; das ist in Gerichtssälen jedoch verboten. Der 42-Jährige wurde beschuldigt, seine Lebensgefährtin Ende März 2014 vergewaltigt zu haben. Dabei habe er sie betäubt, mit ihr oralen, analen und vaginalen Geschlechtsverkehr gehabt. Anal und vaginal habe er ihr auch Gegenstände eingeführt. Das alles hielt er bildlich fest. Im selben Jahr sei es zu drei weiteren Vergewaltigungsversuchen gekommen: Er hatte seine Lebensgefährtin aber nicht ausreichend sediert und sie wachte auf, als es zum Vergewaltigungsversuch kam. Woher der Staatsanwaltschaft das alles so genau wusste? Durch eine Online-Kommunikation mit einem Deutschen, in der der Angeklagte alles genau dokumentiert hatte - auch mit Filmen und Bildern. Angeklagter wollte sich im Chat mit Tat profilieren "Man kann nichts beschönigen", kündigte der Verteidiger an, dass sich sein Mandant schuldig bekennen werde. Da die Vorfälle mehr als zehn Jahre her seien, seitdem so etwas nicht mehr vorgekommen und der Angeklagte bisher unbescholten sei, bat der Jurist die Schöffen um ein mildes Urteil. Zudem habe sich sein Mandant in der Untersuchungshaft dazu entschlossen, eine Psychotherapie zu machen. Der 42-Jährige bekannte sich schuldig. Aber: Es stimme nur zum Teil, was ihm vorgeworfen wird. "Ich habe im Chat mehr geschrieben als tatsächlich stattgefunden hat, weil ich mich profilieren wollte", gab er auf der Anklagebank zu. So habe es lediglich zwei weitere Vergewaltigungsversuche gegeben. Richter Martin Bodner wollte zunächst wissen, wie der Angeklagte seine Lebensgefährtin kennengelernt hat: Die beiden waren noch keine 20, als sie zusammengekommen sind. Schnell ist das Paar zusammengezogen, im Jahr 2006 haben sie sich ein Haus gekauft. Nach Schicksalsschlägen ins Internet geflüchtet Einige Jahre später war "familiär viel los", wie es der Angeklagte ausdrückte. Seine Lebensgefährtin war mit dem ersten Kind schwanger, hatte eine Schwangerschaftsvergiftung und das Kind kam im sechsten Monat auf die Welt. Der Vater des Angeklagten erkrankte an COPD, erhielt "mehr schlecht als recht" eine Lungentransplantation, entwickelte dann eine Schizophrenie, die die Familie belastete. "Meine Mutter machte einen Suizidversuch." All das spielte sich zwischen 2011 und 2013 ab. In vielen schlaflosen Nächten habe sich der Angeklagte ins Internet geflüchtet, er spielte Onlinespiele "und ich habe auch exotische Seiten konsumiert". Das Paar bekam noch ein zweites Kind. "Ab 2014 bis zu meiner Festnahme im Februar waren es die schönsten Jahre meines Lebens", berichtet der 42-Jährige von einem "total harmonischen" Familienleben. Als es darum ging, die Taten zu schildern, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da es um die höchstpersönlichen Lebensbereiche des Paares ging. Ebenso bei der Aussage des Opfers. Knapp zwei Stunden später hielt der Staatsanwalt sein Schlussplädoyer: Dass der Angeklagte sein Opfer bewusstlos gemacht habe, sei als massive Gewalt anzusehen. Außerdem sei der Angeklagte nach wie vor davon fasziniert, mit einer Frau in Ohnmacht Sex zu haben. Zudem habe er aktuell die Fantasie, einer Frau eine Ecstasy-Tablette in ein Glas zu werfen. "Chemische Unterwerfung dort, wo sich Frauen sicher fühlen" "Wir müssen der Gesellschaft klar und deutlich zeigen, dass so etwas ein schweres Verbrechen ist", pochte der Staatsanwalt, das Strafmaß generalpräventiv anzusetzen. Möglich waren fünf bis 15 Jahre. In dieselbe Kerbe schlug Opferanwältin Aziz - und fand deutliche Worte: "Die chemische Unterwerfung ist da angekommen, wo sich Frauen sicher fühlen: Daheim im Schlafzimmer an der Seite ihrer Partner." Dass der Angeklagte übertrieben und sich gegenüber dem Deutschen im Chat nur profilieren wollte, glaubte sie nicht: "Sie haben sich gegenseitig zu Inhalten in ihren Videos motiviert." Er habe sich selbst informiert, wie man Drogen zur Sedierung herstellen kann. Außerdem hätte er bereits mit 18 "Pornos mit solchen Inhalten" konsumiert. Der Verteidiger führte im Schöffenprozess einige Milderungsgründe an: Sein Mandant sei reumütig, geständig, bisher unbescholten. Zudem befinde er sich in Therapie. Sieben Jahre Haft Die Schöffen berieten nur elf Minuten und Richter Martin Bodner verkündete das Urteil: Schuldig. Der Angeklagte wurde zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, zudem muss er seiner ehemaligen Lebensgefährtin 10.120 Euro Schadenersatz zahlen. Der Angeklagte nahm das Urteil nicht an, es ist nicht rechtskräftig. Der Richter sprach von einer "besonderen Erniedrigung" des Opfers. Der Angeklagte habe ein schweres Verbrechen begangen. "Sie haben das Vertrauensverhältnis massiv missbraucht." Außerdem sei der Angeklagte kein Arzt, die Verabreichung der Medikation hätte fatale Folgen haben können. "Dass Sie in Therapie sind, ist gut, hilft dem Opfer aber nicht", sagte der Richter.

TV-Quoten: ORF verlor im August, Private legten zu

TV-Quoten: ORF verlor im August, Private legten zu

Die Olympischen Spiele sorgen für Spitzenleistungen - nicht nur im Sport: Dank des Megaevents im August 2024 hatte der ORF damals Quotenhöhenflüge verzeichnet. Umgekehrt: Das Ausbleiben der Wettkämpfe versetzte dem öffentlich-rechtlichen Sender im diesjährigen August glatt einen Dämpfer. Mit 31,4 Prozent Marktanteil lag die ORF-Gruppe in Summe um 2,7 Prozentpunkte unter dem Vorjahresmonat. Zulegen konnten die Privaten, wobei sich Servus TV über einen August-Rekord freut.

Der spektakuläre Coup mit den Berliner Philharmonikern

Der spektakuläre Coup mit den Berliner Philharmonikern

"Ein großer Tag, ein Ehrentag, ein heil'ger Tag", sagt Nikolaus Bachler, der künstlerische Leiter der Salzburger Osterfestspiele, den "Rosenkavalier" zitierend. Im Libretto von Hugo von Hofmannsthal freut sich Faninal auf die bevorstehende Verehelichung seiner Tochter Sophie mit Octavian (zu der es erst nach unzähligen Verwirrungen und Verwechslungen kommt). Im Fall der Osterfestspiele handelt es sich nicht um eine Hochzeit zweier junger Menschen, sondern um eine Rückkehr von Abtrünnigen zu ihren Wurzeln, also eine Art zweite Hochzeit nach jahrelangen Alleingängen der beiden Partner. 2013 war es, da kehrten die Berliner Philharmoniker Salzburg den Rücken und suchten ihr Glück in Baden-Baden: nach einem Finanzskandal, der das Festival erschüttert hatte und in dessen Mittelpunkt der damalige Geschäftsführer Michael DeWitte sowie der ehemalige Technische Leiter der Salzburger Festspiele, Klaus Kretschmer, gestanden waren. Es ging um Untreue, um selbst ausbezahlte Provisionen, um einen Millionenschaden, jahrelang wurde prozessiert und am Ende jeweils eine mehrjährige Haftstrafe ausgesprochen. Christian Thielemann folgte mit der von ihm geleiteten Sächsischen Staatskapelle Dresden auf die Berliner Philharmoniker (bis 2022), in den vergangenen Jahren gab es wechselnde Orchester. Sowohl künstlerisch als auch bei den Kartenverkäufen (zuletzt war es wesentlich leichter als zuvor, Tickets für das Elitefestival zu bekommen) sehnten sich viele nach einer Rückkehr der Berliner, darunter definitiv Nikolaus Bachler, wie er am Montag bestätigte. "Ich hatte für die Osterfestspiele immer die Berliner Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko im Kopf. Sie sind das Spitzenorchester auf der Welt und nun mit Oper wieder exklusiv in Salzburg zu erleben. Ich freue mich riesig, dass das gelungen ist." Zweieinhalb Jahre wurde darüber verhandelt, er selbst sieht diesen Schritt aber nicht als Rückkehr: "Kunst ist immer neu und aktuell, wir schlagen ein völlig neues Kapitel auf." Trotzdem ist es ein Zurück zu den Wurzeln. Die Osterfestspiele wurden 1967 von Herbert von Karajan für seine Berliner Philharmoniker, die er damals geleitet hatte, gegründet, auch als Gegenpol zu den Bayreuther Festspielen. Eröffnet hatte Karajan seine Festspiele mit Richard Wagners "Ring", allerdings nicht mit "Rheingold" im ersten Jahr, sondern mit der "Walküre". Bei der Heimkehr steht nun neuerlich Wagners Tetralogie auf dem Programm, in der korrekten Reihenfolge und insgesamt über fünf statt über vier Jahre erstreckt. Nach "Rheingold" 2026 und "Walküre" 2027 gibt es nämlich zwischendurch Schönbergs "Moses und Aron", was dem Chefdirigenten Kirill Petrenko besonders wichtig war. "Das ist ein totales Festspielstück, das ich noch nie zuvor dirigiert habe", sagte er bei der Präsentation. "Und es ist eine wichtige Botschaft in Richtung unserer Zeit." Dass er nun wieder mit Bachler zusammenarbeitet, freut Petrenko besonders. "Es ist für mich ein Coming Home nach Österreich." Hier hat er, nachdem er als 18-Jähriger von Russland nach Wien kam, zunächst beim Symphonieorchester Vorarlberg begonnen und wurde später von Bachler an die Volksoper engagiert. In München machte ihn Bachler dann zum Generalmusikdirektor. "Damals hat er mich überredet", sagt Petrenko. Jetzt, für die dritte Zusammenarbeit, habe es keine große Überredungskunst gebraucht. Die Salzburger Osterfestspiele sieht er als "Highlight meines künstlerischen Daseins". Als ihn die Berliner zu ihrem Chef gewählt hatten, wäre er "völlig überrascht gewesen". Nun wird er zum dritten Mal den "Ring" dirigieren, nach seinen Anfängen in Meiningen und dem Triumph in Bayreuth, wo Frank Castorf Regie führte. Die Sänger in Salzburg sind größtenteils "Ring"-Debütanten, etwa Christian Gerhaher als Wotan. Leigh Melrose ist der Alberich, Brenton Ryan der Loge, Catriona Morison die Fricka. Inszenieren wird Kirill Serebrennikov, der eine Geschichte über verschiedene Kulturen auf verschiedenen Kontinenten erzählen will. "Ich habe das postapokalyptische Afrika im Winter gesucht und in Island gefunden", sagt er. Dort nehme die Geschichte mit Alberich ihren Ausgangspunkt. Um drei G-Worte werde sich dieser "Ring" drehen: "Gesamtkunstwerk, Gemeinschaft, Grenzenlosigkeit." Serebrennikov freut sich auch über die Ort der Stattfindung: in der Felsenreitschule. "Mit den Steinwänden ist das etwas ganz Besonderes." So einen "Ring" habe es noch nie gegeben. Allerdings finden in der Felsenreitschule mit 1400 Besuchern wesentlich weniger Platz als im Großen Festspielhaus. Wodurch Sponsoren noch wichtiger werden. Dass neben VW nun auch Air Qatar die Osterfestspiele unterstützt, ist für Bachler kein Widerspruch zu den humanitären Ansprüchen des Festivals und keine Weißwaschung des Landes: "Qatar war in letzter Zeit der wichtigste Friedenverhandler der Welt." Er habe dort Offenheit und Neugierde erlebt. Außerdem sei Kunst ein wichtiger Kanal der internationalen Verständigung.

Salzburg und der spektakuläre Coup mit den Berliner Philharmonikern

Salzburg und der spektakuläre Coup mit den Berliner Philharmonikern

"Ein großer Tag, ein Ehrentag, ein heil'ger Tag", sagt Nikolaus Bachler , der künstlerische Leiter der Salzburger Osterfestspiele , den "Rosenkavalier" zitierend. Im Libretto von Hugo von Hofmannsthal freut sich Faninal auf die bevorstehende Verehelichung seiner Tochter Sophie mit Octavian (zu der es erst nach unzähligen Verwirrungen und Verwechslungen kommt). Im Fall der Osterfestspiele handelt es sich nicht um eine Hochzeit zweier junger Menschen, sondern um eine Rückkehr von Abtrünnigen zu ihren Wurzeln, also eine Art zweite Hochzeit nach jahrelangen Alleingängen der beiden Partner. 2013 war es, da kehrten die Berliner Philharmoniker Salzburg den Rücken und suchten ihr Glück in Baden-Baden: nach einem Finanzskandal, der das Festival erschüttert hatte und in dessen Mittelpunkt der damalige Geschäftsführer Michael DeWitte sowie der ehemalige Technische Leiter der Salzburger Festspiele, Klaus Kretschmer, gestanden waren. Es ging um Untreue, um selbst ausbezahlte Provisionen, um einen Millionenschaden, jahrelang wurde prozessiert und am Ende jeweils eine mehrjährige Haftstrafe ausgesprochen. Christian Thielemann folgte mit der von ihm geleiteten Sächsischen Staatskapelle Dresden auf die Berliner Philharmoniker (bis 2022), in den vergangenen Jahren gab es wechselnde Orchester. Sowohl künstlerisch als auch bei den Kartenverkäufen (zuletzt war es wesentlich leichter als zuvor, Tickets für das Elitefestival zu bekommen) sehnten sich viele nach einer Rückkehr der Berliner, darunter definitiv Nikolaus Bachler, wie er am Montag bestätigte. "Ich hatte für die Osterfestspiele immer die Berliner Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko im Kopf. Sie sind das Spitzenorchester auf der Welt und nun mit Oper wieder exklusiv in Salzburg zu erleben. Ich freue mich riesig, dass das gelungen ist." Zweieinhalb Jahre wurde darüber verhandelt, er selbst sieht diesen Schritt aber nicht als Rückkehr: "Kunst ist immer neu und aktuell, wir schlagen ein völlig neues Kapitel auf." Trotzdem ist es ein Zurück zu den Wurzeln. Die Osterfestspiele wurden 1967 von Herbert von Karajan für seine Berliner Philharmoniker, die er damals geleitet hatte, gegründet, auch als Gegenpol zu den Bayreuther Festspielen. Eröffnet hatte Karajan seine Festspiele mit Richard Wagners "Ring", allerdings nicht mit "Rheingold" im ersten Jahr, sondern mit der "Walküre". Bei der Heimkehr steht nun neuerlich Wagners Tetralogie auf dem Programm, in der korrekten Reihenfolge und insgesamt über fünf statt über vier Jahre erstreckt. Nach "Rheingold" 2026 und "Walküre" 2027 gibt es nämlich zwischendurch Schönbergs "Moses und Aron", was dem Chefdirigenten Kirill Petrenko besonders wichtig war. "Das ist ein totales Festspielstück, das ich noch nie zuvor dirigiert habe", sagte er bei der Präsentation. "Und es ist eine wichtige Botschaft in Richtung unserer Zeit." Dass er nun wieder mit Bachler zusammenarbeitet, freut Petrenko besonders. "Es ist für mich ein Coming Home nach Österreich." Hier hat er, nachdem er als 18-Jähriger von Russland nach Wien kam, zunächst beim Symphonieorchester Vorarlberg begonnen und wurde später von Bachler an die Volksoper engagiert. In München machte ihn Bachler dann zum Generalmusikdirektor. "Damals hat er mich überredet", sagt Petrenko. Jetzt, für die dritte Zusammenarbeit, habe es keine große Überredungskunst gebraucht. Die Salzburger Osterfestspiele sieht er als "Highlight meines künstlerischen Daseins". Als ihn die Berliner zu ihrem Chef gewählt hatten, wäre er "völlig überrascht gewesen". Nun wird er zum dritten Mal den "Ring" dirigieren, nach seinen Anfängen in Meiningen und dem Triumph in Bayreuth, wo Frank Castorf Regie führte. Die Sänger in Salzburg sind größtenteils "Ring"-Debütanten, etwa Christian Gerhaher als Wotan. Leigh Melrose ist der Alberich, Brenton Ryan der Loge, Catriona Morison die Fricka. Inszenieren wird Kirill Serebrennikov, der eine Geschichte über verschiedene Kulturen auf verschiedenen Kontinenten erzählen will. "Ich habe das postapokalyptische Afrika im Winter gesucht und in Island gefunden", sagt er. Dort nehme die Geschichte mit Alberich ihren Ausgangspunkt. Um drei G-Worte werde sich dieser "Ring" drehen: "Gesamtkunstwerk, Gemeinschaft, Grenzenlosigkeit." Serebrennikov freut sich auch über die Ort der Stattfindung: in der Felsenreitschule. "Mit den Steinwänden ist das etwas ganz Besonderes." So einen "Ring" habe es noch nie gegeben. Allerdings finden in der Felsenreitschule mit 1400 Besuchern wesentlich weniger Platz als im Großen Festspielhaus. Wodurch Sponsoren noch wichtiger werden. Dass neben VW nun auch Air Qatar die Osterfestspiele unterstützt, ist für Bachler kein Widerspruch zu den humanitären Ansprüchen des Festivals und keine Weißwaschung des Landes: "Qatar war in letzter Zeit der wichtigste Friedensverhandler der Welt." Er habe dort Offenheit und Neugierde erlebt. Außerdem sei Kunst ein wichtiger Kanal der internationalen Verständigung.