Teuerungen in Wien: Entscheidungen mit Diskussionsbedarf

Teuerungen in Wien: Entscheidungen mit Diskussionsbedarf

Es war gewissermaßen die Feuertaufe der neuen Finanzstadträtin Barbara Novak : Sie musste empfindliche Teuerungen verkünden – ein erster Schritt, um das Stadtbudget zu sanieren. An ihrer Seite Verkehrsstadträtin Ulli Sima , neuerdings wieder für die Wiener Linien zuständig, und dafür bekannt, sich nicht davor zu scheuen, unpopuläre Entscheidungen zu verkünden. Darunter die Erhöhung des 365-Euro-Tickets . Dass noch 2024 vonseiten der Stadt eine Beibehaltung des Preises bis inklusive 2026 versprochen wurde, macht eine schiefe Optik. Auch wenn im Wahlkampf bereits auf „dieses Jahr bleibt der Preis gleich“, abgeschwächt wurde. Wer weder dafür politisch zuständig war, noch sich dazu geäußert hat: Novak und Sima, die jetzt dennoch in der Auslage stehen und hart durchgreifen müssen. Eine Rolle, die aber beiden gefallen dürfte. Bei den Teuerungen an sich gibt es einiges an Diskussionsbedarf . Dass die Öffi-Jahreskarte nach 13 Jahren erhöht wird, ist aus wirtschaftlicher Sicht verständlich. Vergleicht man Wien mit anderen Metropolen, ist die Jahreskarte selbst nach der Erhöhung noch vergleichsweise günstig. 1,26 Euro, um einen ganzen Tag durch die Stadt zu fahren, ist annehmbar. Dass jedoch Öffi-Fahrer künftig 8,06 Euro pro Monat mehr bezahlen müssen, Parkpickerlnutzer aber nur 3 Euro, ist mit den selbst gesteckten Klimazielen kaum vereinbar. Dass eine andere Benachteiligung aufgehoben wird und künftig nicht nur Studenten, sondern alle unter 26 günstiger fahren, ist hingegen begrüßenswert. Besonders schwer wiegt, dass die ermäßigte Einzelfahrt für Senioren entfällt. Statt bisher 1,50 Euro müssen sie künftig ein Ticket zum Normaltarif um 3 Euro kaufen – eine Erhöhung um 100 Prozent. Hinsichtlich der um sich greifenden Altersarmut , der gesundheitsschädlichen Einsamkeit und den Bekundungen, dass ältere Menschen weniger mit dem Auto fahren sollen, eine zumindest hinterfragenswürdige Entscheidung.

Weiteres Sparpaket nötig? Regierungsklausur unter tristen Vorzeichen

Weiteres Sparpaket nötig? Regierungsklausur unter tristen Vorzeichen

Die Inflation senken, für Wirtschaftswachstum sorgen, Bürokratie abbauen: Das sind die Schwerpunkte der ersten Regierungsklausur nach der Sommerpause. Am Dienstag und am Mittwoch diskutieren ÖVP , SPÖ und Neos im Bundeskanzleramt über möglich Akutmaßnahmen – und den generellen Fahrplan im Herbst. Vorab: Mit einem großen Wurf ist vorerst nicht zu rechnen. Die größte Schwierigkeit bleibt weiterhin die triste Budgetsituation. Die Regierung muss 2025/'26 bereits 15 Milliarden Euro einsparen, um die EU-Defizitvorgaben zu erfüllen. Und die Lage dürfte sogar noch schlimmer sein. FPÖ-Budgetsprecher Arnold Schiefer rechnet damit, dass aufgrund der steigenden Inflation und Arbeitslosigkeit noch zwei bis drei zusätzliche Milliarden eingespart werden müssen. Ein Wert, den Regierungsvertreter auf KURIER-Nachfrage dementieren. Sie gehen eher von rund einer Milliarde aus. Klar ist: Auch damit wäre der Spielraum für Investitionen in die Wirtschaft oder Preissenkungen äußerst begrenzt. Um welche Schwerpunkte es bei der Klausur geht und welche Maßnahmen diskutiert werden: Wirtschaft Die Regierung will ein kleines Investitionspaket schnüren. Im Raum stehen Investitionsprämien oder verbesserte Abschreibemöglichkeiten . Bereits Anfang Juni hat Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) einen Industriestrom-Bonus präsentiert, der heuer und 2026 mit je 75 Millionen Euro budgetiert ist. Offen ist, ob diese Maßnahme bei der Klausur oder erst danach finalisiert wird. Mieten Zur Mietpreisbremse im regulierten Bereich, kommt auf Drängen der SPÖ ab 2026 auch eine für private Mietwohnungen. Das Modell: Bei einer Inflationsrate von mehr als drei Prozent sollen Mieten nur noch um die Hälfte der über drei Prozent liegenden Inflation steigen dürfen. Dieses große Mietpaket könnte in zwei Wochen – also nach der Klausur – präsentiert werden. Den Neos und der ÖVP ist wichtig, dass gleichzeitig auch der Eigentumserwerb erleichtert wird. Ein Punkt: Bis Mitte 2026 fällt beim Erwerb des ersten Eigenheims bis 500.000 Euro keine Grunderwerbssteuer (GrESt) an. Diese Maßnahme, ein Überbleibsel des türkis-grünen Wohnbaupakets, könnte verlängert werden. Im Regierungsprogramm steht zudem ein staatliches Wohnbaukreditprogramm für junge Menschen. Lebensmittelpreise Die Dreierkoalition will gegen den " Österreich-Aufschlag" vorgehen, um die Inflation zu senken. Dieser sorgt dafür, dass die Preise identer Markenprodukte in Österreich beispielsweise deutlich teurer sind als in Deutschland. Das Problem: Eine schnelle "Abschaffung" ist nicht möglich. Laut dem Fahrplan der EU-Kommission ist erst ab 2026 eine Lösung absehbar. APA/APA-POOL/GEORG HOCHMUTH / GEORG HOCHMUTH Gegenfinanzierung Insbesondere die Neos pochen auf ein Paket, bei dem sämtliche Maßnahmen gegenfinanziert sind. Wie? Nachverhandelt wird die bereits beschlossene Erhöhung der Beamtengehälter. Auch eine Anpassung der Pensionen unter der Inflationsrate von 2,7 Prozent halten die Neos für nötig – ÖVP und SPÖ reagierten bisher zurückhaltend. Ob diese Punkte bei der Klausur konkretisiert werden, ist unklar. Eine andere Maßnahme wollen die Neos eventuell aus Kostengründen  verschieben: Die ÖVP hat eine „Flat Tax“ für Pensionisten zum Herbstbeginn angekündigt – die das Arbeiten neben der Pension steuerlich begünstigen würde. Hier dürften sich die Türkisen, was eine Verschiebung betrifft, sträuben. Verfahrensbeschleunigung In die Sommerpause hatte sich Türkis-Rot-Pink mit der Ankündigung eines Verfahrensturbos verabschiedet. Die Umsetzung erfolgt weniger geschwind: Die Gesetzesentwürfe für den schnelleren Ausbau Erneuerbarer (EABG) oder für schleunigere Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP-G) stehen noch aus. Werden sie bei der Klausur präsentiert? Auch das ist offen. Dienstagnachmittag tritt Energieminister Hattmannsdorfer jedenfalls mit Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) und Staatssekretär Josef Schellhorn (Neos) vor die Medien.