
Wirbel um Orbán-Schloss: "Die Menschen werden langsam wütend"
Von Franziska Trautmann Gepflegte Rosengärten, Rasenmäher-Roboter und zwei Swimmingpools mit Massagedüsen – klingt für die meisten eher nach einer Luxusvilla, soll aber angeblich ein Bauernhof sein. Zumindest behauptet das die Familie, die das Anwesen besitzt: Die von Viktor Orbán . Vor Kurzem hat der unabhängige ungarische Abgeordnete Ákos Hadházy auf Facebook ein Video mit Einblicken in das historische Herrenhaus Hatvanpuszta geteilt. Der oppositionelle Hadházy führt mit einem Handyvideo durch den „luxuriösen Schlosskomplex“ – er brachte Ungarns Regierungschef damit in eine missliche Lage und heizte Korruptionsvorwürfe um seine Person an. Bauernhof vom Vater Eine sonnendurchflutete Orangerie zwischen perfekt getrimmten Hecken erinnert kaum an einen landwirtschaftlichen Betrieb. Weder Bauern noch Schafe oder Kühe sind zu sehen. Unter seinem Video merkt Hadházy zynisch an, dass Teile des Anwesens am Papier eigentlich als denkmalgeschützt geführt werden, es diese aber überhaupt nicht mehr gibt – alles abgerissen. Stattdessen strotzt das Herrenhaus nur so vor Protz. Binnen 24 Stunden wurde das Video hunderttausendfach aufgerufen, die Kommentare waren voll des Lobes an Hadházy. Um die Wogen zu glätten, gab Orbáns Vater Győző kurz nach der Veröffentlichung des Videos dem regierungsnahen Portal Bors ein Interview. Darin sagte er, dass „mein ältester Sohn, der Premierminister, meinetwegen ungerechterweise angegriffen“ werde. Ihm gehöre das Anwesen, nicht Sohn Viktor. Győző ist 84 und selbst Landwirt, er möchte Hatvanpuszta zu einem landwirtschaftlichen Musterbetrieb machen. Sehr viel Glauben wurde Papa Orbán nicht geschenkt, vor allem nicht von Péter Magyar , Viktor Orbáns größtem politischen Herausforderer. Der reist seit Wochen durch Ungarn, um politische Korruption anzuprangern – der neue Skandal unterstreicht seine Mission. Magyar schrieb auf der Plattform X: „Die Frage ist, woher kommt das Geld?“ Mit der Frage ist er aber mittlerweile nicht mehr allein. In den Umfragen liegt Magyars Tisza-Partei inzwischen weit vor Orbáns Fidesz , damit könnte bei der kommenden Parlamentswahl 2026 ein Systemwechsel gelingen. Skandal schlägt Wellen Für Lukács Csaba , ungarischer Journalist und Direktor der Zeitung Magyar Hang , ist Orbáns Anwesen „derzeit das heißeste Thema. Die Menschen merken, wie schwierig es ist, sich über Wasser zu halten, und währenddessen baut Orbán mitten im Nirgendwo ein luxuriöses Schloss. Die Menschen werden langsam wütend.“ Laut Csaba ist all das nicht verwunderlich, denn seit Jahren beobachtet man, wie die Elite der Fidesz-Partei nach Landbesitz strebt. Parallel sollen Spitzenpolitiker oder deren Verwandte wieder die Schulbank gedrückt haben, um die Qualifikation zum sogenannten „Gold Wheat Ear Farmer“ (Goldkorn-Bauern) zu erwerben – um EU-Beihilfen für landwirtschaftliche Betriebe einzustreichen. „Wenn sie ein großes Grundstück besitzen und alle Kriterien für Landwirtschaft erfüllen, bezahlt die EU dafür“, meint Csaba und sagt: „Für die Bevölkerung ist Hatvanpuszta jetzt eines der größten Beispiele für Korruption in Ungarn.“